Auch im kirchlichen Bereich stehen handfeste Dienstgeberinteressen häufig
im Vordergrund: wenn fest angestellte Mitarbeiter und die damit verbundenen
arbeitsrechtlichen Bedingungen weniger gewünscht werden, erscheint
die Beschäftigung freier Mitarbeiter als besonders interessant.
Doch - nicht jeder Vertrag ist rechtlich so einzuordnen, wie es den
vertragschließenden Parteien vorschwebt.
Der angestrebte Werkvertrag ( 631 ff. BGB) unterscheidet sich vom Dienstvertrag
( 611 ff. BGB) vor allem in einem entscheidenden Punkt: beim Werkvertrag
schuldet der Mitarbeiter ein konkretes Ergebnis - juristisch gesprochen
- den Erfolg; ein Dienstnehmer schuldet nur ein "Bemühen".
Damit stellt sich die Frage der Einordnung - wann ist man freier Mitarbeiter
und wann Dienstnehmer? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dies im Urteil
vom 13.01.1983 so formuliert:
"Der Senat hält daran fest, dass sich
ein Arbeitsverhältnis von dem Rechtsverhältnis eines freien
Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit
unterscheidet, in dem sich der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils
befindet. Die persönliche Abhängigkeit eines Mitarbeiters
kann darin bestehen, daß der Mitarbeiter Anweisungen hinsichtlich
Zeit, Ort und Inhalt der geschuldeten Dienstleistungen beachten muss."
und:
"Widersprechen sich Vereinbarungen und praktische
Durchführung, ist die letztere maßgebend."
Treffen also mehrere der folgenden Punkte zu, so spricht alles dafür,
dass es sich um einen Dienstvertrag handelt:
- persönliche oder fachliche Weisungsgebundenheit
- zeitliche oder örtliche Bindung der Tätigkeit
- die Tätigkeit wird einer Kontrolle unterzogen
- Teamarbeit ist erforderlich
- es liegt ein Produktionsplan vor
- der Unternehmer trägt das Risiko von Projekten
- der Mitarbeiter ist ständig dienstbereit
- die Eingliederung in der Betriebsablauf ist notwendig
- der Mitarbeiter kann Aufträge nicht ablehnen
- gänzliche oder überwiegende Inanspruchnahme der Arbeitskraft
- Pflicht zur Berichterstattung
- Pflicht zur Entschuldigung im Krankheitsfall
Aus der Begründung des BAG-Urteils vom 21.11.2013, 6 AZR 23/12
Durch einen Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des
versprochenen Werks, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten
Vergütung
verpflichtet (§ 631 Abs. 1 BGB). Gegenstand eines Werkvertrags
kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch
ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender
Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BGB). Für die Abgrenzung vom Dienstvertrag
kommt es darauf an, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter
Arbeitserfolg oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet
wird (vgl. BAG
25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 15; BGH 16.
Juli 2002 - X ZR 27/01 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 151, 330).
Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von den Rechtsverhältnissen
eines Werkunternehmers oder selbständig Dienstleistenden entscheidend
durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit (vgl. für
die Abgrenzung zum Werkvertrag BAG
25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16; BGH 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - zu I 2 b aa der Gründe).
Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im
Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter
Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das
Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der
Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige, der nicht im
Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit
bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB; BAG
25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16 mwN; 29.
August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 15). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt
dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Ob ein
Werkvertrags-, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis besteht,
zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen
für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen
werden, dass Parteien ihr Arbeitsverhältnis anders bezeichnen
(vgl. BAG
25. September 2013 - 10 AZR 282/12 - Rn. 16).
Für die MAVen bedeutet dies, genau anhand dieser Kriterien
zu prüfen, ob es sich um einen freien Mitarbeiter (fällt
nicht unter den Mitarbeiterbegriff gemäß 3 MAVO) oder
um einen Dienstnehmer im Sinne des § 3 MAVO handelt.
Beauftragt nun der Dienstgeber einen freien Mitarbeiter ohne Zustimmung
der MAV, diese ist aber der Ansicht, dass es sich dabei um ein
normales Dienstverhältnis handelt, so kann die MAV dies durch
die Anrufung des Kirchlichen
Arbeitsgerichts überprüfen
lassen.
Siehe dazu die
Entscheidung
AS 06/08 des Kirchlichen Arbeitsgerichts der Diözese
Rottenburg-Stuttgart vom 14. März 2008.
Der Feststellungsantrag muss beinhalten, dass es sich bei
dieser Person um einen Mitarbeiter im Sinne des § 3 MAVO handelt
und die Zustimmungsverfahren gemäß der §§ 33
-35 MAVO durchzuführen
sind.
Nicht zu unterschätzen sind die Auswirkungen in einem solchen
Fall: der Dienstgeber muss Lohnsteuer und Sozialabgaben abführen
bzw. nachentrichten, der Dienstnehmer steht in einem womöglich
unbefristeten Dienstverhältnis, und zu Einstellung und Eingruppierung
ist die Zustimmung der MAV (soweit vorhanden) erforderlich.