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Anlage 5b zu den AVR kritisch gesehen

Dienstvereinbarung gemäß AVR Anlage 5b § 3 Arbeitszeitkonten, § 4 Zeitgutschriften


Zunächst einige grundsätzlichen Anmerkungen zur Arbeitszeitkontenregelung durch Dienstvereinbarung gemäß AVR Anlage 5b.

Diese Arbeitszeitkontenregelung ersetzt den Ausgleichszeitraum gemäß AVR Anlage 5 § 1 von 13 Wochen, der generell - soweit keine Dienstvereinbarung besteht - gilt. Nach dieser Bestimmung wird die durchschnittlich vertraglich feststehende wöchentliche Arbeitszeit innerhalb von 13 Wochen dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich auf die einzelnen Wochen verteilt; es stehen also 13 x 38,5 = 500,5 Stunden zur Verteilung an. Die so auf die einzelnen Wochen verteilte Arbeitszeit ist zunächst einmal das festgesetzte Wochenleistungsmaß.
Hinweis: Der individuelle Ausgleichszeitraum beginnt mit dem Tag der Einstellung; nach der Rechtsprechung kann alternativ dazu auch der erste Überschreitungszeitpunkt zur Festsetzung des Beginns des 13-Wochen-Ausgleichszeitraumes herangezogen werden (dieses Verfahren ist aber wesentlich schwieriger umzusetzen und nachzuvollziehen).

Die Stunden, die auf Anordnung oder Kenntnis und Duldung des Dienstgebers oder seines Bevollmächtigten bzw. des unmittelbaren Vorgesetzten über das Wochenleistungsmaß hinausgehen, sind Überstunden, für die der Überstundenzuschlag (15%, 20%, 25% der Stundenvergütung) fällig wird.
Darüber hinaus muss jede Überstunde, bei der kein Freizeitausgleich bis zum Ende des Folgemonats erfolgt, abgegolten werden (100% der Stundenvergütung gemäß AVR Anlage 6a § 2).
Weiterhin: Werden die 500,5 Stunden innerhalb des 13-Wochen-Zeitraums auf Anweisung des Dienstgebers unterschritten, so liegt Annahmeverzug vor und der Mitarbeiter muss diese Zeiten nicht nacharbeiten.

Beispiel: Im Diagramm 1 ist ein wechselndes Wochenleistungsmaß (wöchentlich wechselnde dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeiten) dargestellt; Woche 1 mit 50,0 Stunden und Woche 2 mit 27,0 Stunden. Dieses Arbeitszeitmodell wird angestrebt, um z. B. bei anfallender Wochenendarbeit die Entstehung von (teureren) Überstunden zu vermeiden.
Überstunden fallen hier an, wenn auf Anordnung oder mit Kenntnis und Duldung in der Woche 1 die 50. bzw. in der Woche 2 die 27. Stunde überschritten werden.

Diagramm 1: 50,0 / 27,0 Std/Woche

Diese geltenden gesetzlichen Regelungen sind für den Dienstgeber teuer, daher werden diese Bestimmungen häufig einfach zum Nachteil der Mitarbeiter ignoriert und nicht durchgeführt. Die somit gesetzeswidrig eingesparten Beträge können - je nach Situation - bis zu 1.500,- EUR pro Jahr und Mitarbeiter ausmachen.

Mit einer Arbeitszeitkontenregelung durch Dienstvereinbarung gemäß AVR Anlage 5b läßt sich diese Angelegenheit legalisieren und der oftmals bestehenden Praxis anpassen. Denn damit wird der Ausgleichszeitraum abgeschafft und man bewegt sich innerhalb eines frei floatenden Zeitrahmens von +115,5 und -115,5 Stunden im Bezug zur vertraglich vereinbarten Arbeitszeit.

Abgerechnet wird grundsätzlich erst beim Ausscheiden des Mitarbeiters. Auch Überstunden entstehen somit kaum noch, denn jetzt kann festgelegt werden, dass zusätzlich angeordneten Plusstunden, die über die dienstplanmäßige bzw. betriebsüblich festgesetzte Arbeitszeit hinausgehen, nur bis zu einer bestimmten Grenze, höchstens jedoch 10 Stunden in der Woche, dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters gutgeschrieben werden können; weitere angeordnete Plusstunden sind zeitzuschlagspflichtige Überstunden, soweit dadurch unter Berücksichtigung der individuellen Zumutbarkeit bei ihrer Anordnung die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 1 Absatz 1 der Anlage 5 zu den AVR überschritten wird.

Das bedeutet, dass sehr wohl überlegt sein soll, ob man als MAV eine Dienstvereinbarung gemäß AVR Anlage 5b zu einer Arbeitszeitkontenregelung abschließt. Hierdurch kann das Einkommen der Mitarbeiter vermindert werden und es sollten zumindest akzeptable Gegenleistungen auf der anderen Seite stehen.

Denkbar wäre hier eine vom Mitarbeiter selbst bestimmte Lage der Arbeitszeit (Zeitsouveränität).

Ein weiterer Lösungsansatz liegt in der Bestimmung der Anlage 5b § 3 Abs. 3 Nr. 4: Vereinbaren Sie, dass zusätzlich angeordneten Plusstunden, die über die dienstplanmäßige bzw. betriebsüblich festgesetzte Arbeitszeit hinausgehen dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters nicht gutgeschrieben werden können und zeitzuschlagspflichtige Überstunden sind, soweit dadurch unter Berücksichtigung der individuellen Zumutbarkeit bei ihrer Anordnung die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 1 Absatz 1 der Anlage 5 zu den AVR überschritten wird.


Keinesfalls sollte man aber Zeitgutschriften gemäß AVR Anlage 5b § 4 vereinbaren. Hier werden anstatt von Zeitzuschlägen ein Gegenwert in Freizeit gewährt. Dabei ist zu beachten:

  1. Durch ein derartiges Modell findet eine Verkürzung der tatsächlichen Arbeitszeit statt; dies funktioniert nur, wenn gleichzeitig auch der Arbeitsauftrag inhaltlich reduziert wird.

  2. Das bedeutet weiterhin, dass die freiwerdenden Stellenanteile durch Neueinstellungen besetzt werden. Denn sonst handelt es sich nur um eine Stellenreduzierung, die durch Arbeitszeitverdichtung (die Mitarbeiter leisten in kürzerer Zeit die gleiche Arbeit) bezahlt wird.

  3. Durch den Ausgleich durch Freizeit entfallen steuerbegünstigte Gehaltsbestandteile.

  4. Die Zeitzuschläge sind sozialversicherungspflichtig; werden diese durch Freizeit ersetzt, ergeben sich erhebliche Minderungen im Gesamtversorgungsanspruch.

Daher ist von Zeitgutschriften gemäß AVR Anlage 5b § 4 absolut abzuraten.