Mit diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung
zu einer betrieblichen Standardsituation getroffen: Ein Arbeitsverhältnis
wird nach Elternzeit in reduziertem Umfang in Teilzeit fortgeführt.
Wie wird Resturlaub aus dem früheren Vollzeitarbeitsverhältnis
behandelt? Die Antwort der Richter hat Auswirkungen auf das bestehende
deutsche Urlaubsrecht.
Konkret waren vor allem zwei Fragen aufgeworfen:
1. Können Urlaubsansprüche verfallen, die vor Geburt des
Kindes entstanden sind, weil im Anschluss an die Geburt über
mehrere Jahre Elternzeit beansprucht wurde?
2. Darf der Umfang von Resturlaubsansprüchen auf den neuen Teilzeitarbeitsvertrag
angepasst werden, wenn die Ansprüche vorher im Vollzeitarbeitsverhältnis
entstanden sind?
Der EuGH hat beide Fragen verneint:
Urlaubsansprüche die zu Beginn der Elternzeit offen stehen, dürfen
nicht deshalb verfallen, weil sie wegen der Elternzeit nicht genommen
werden konnten. Die europäische Rahmenvereinbarung über den
Elternurlaub im Anhang der Richtlinie 96/34/EG will sicher stellen,
dass sämtliche Ansprüche der Arbeitnehmer während der
Elternzeit erhalten bleiben. Der Verfall von Jahresurlaub ist deshalb
ausgeschlossen.
Resturlaub, der noch zu Zeiten der Vollzeitbeschäftigung entstanden
ist, darf auch nicht auf ein später begründetes Teilzeitarbeitsverhältnis
herunter gerechnet werden. Dies folge aus der Rahmenvereinbarung über
Teilzeitarbeit zur Richtlinie 97/81/EG. Entscheidend für den Umfang
des Urlaubsanspruchs sei der Zeitraum, in dem er erworben wurde (Vollzeit),
nicht der Zeitraum, in dem er genommen werden könnte (Teilzeit).
Auswirkungen
auf die bestehende Rechtslage in Deutschland:
Nach § 17 Abs. 2 und 3 BEEG bleibt Arbeitnehmern Resturlaub erhalten,
der vor Inanspruchnahme der Elternzeit nicht genommen werden konnte;
dies entspricht bereits der europäischen Rechtslage.
Die Behandlung von Urlaubsansprüchen beim Übergang von einem
Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis hat das BAG bislang
(Urteil
vom 28.4.1998, 9 AZR 314/97) anders entschieden. Nach dieser
Rechtsprechung würde z. B. ein im Vollzeitarbeitsverhältnis
bei der 5-Tage-Woche entstandener Urlaubsanspruch von restlichen 10
Tagen nach Übergang zu einem Teilzeitarbeitsverhältnis sich
bei einer 2-Tage-Woche auf 4 Tage reduzieren.
Diese Rechtsprechung
wird durch die neue Entscheidung des EuGH geändert
werden müssen.