Dr. Norbert Feldhoff
(aus "neue caritas")
Zwei Tage dauerte in der Arbeitsrechtlichen Kommission das Ringen um
einen Kompromiss. Dabei wechselten sich Reden im Plenum ab mit internen
Beratungen beider Seiten und mit vielen Hintergrundgesprächen.
Am Ende stand trotz aller Gemeinsamkeiten und einer auch offenen Atmosphäre
fest: Es gibt keine Übernahme des neuen Tarifvertrages für
den öffentlichen Dienst (TVöD) zum 1. Oktober 2005.
Zu groß sind die sachlichen Unterschiede zwischen beiden Seiten.
Die Dienstgeberseite fordert, dass der Inhalt des TVöD und seine
auch finanziellen Auswirkungen auf den Caritasbereich eingehend geprüft
und Alternativen untersucht werden. Im Übrigen sind viele Dienstgeber
der Ansicht, dass der TVöD für einen großen Teil der
caritativen Einrichtungen, die sich im Wettbewerb des Marktes befinden,
nicht mehr oder nur zum Teil die "Leitwährung" sein kann.
Die Mitarbeiterseite forderte den Beschluss zur Übernahme der geldwerten
Bestandteile des TVöD und seine Regelungen in die AVR. Eigene Tarifwege
hält sie für unrealistisch.
Wie kann es weitergehen? Der Erste Weg, die einseitige Festlegung der
Vergütungsregelungen durch die Gesetzgebung der Bischöfe oder
durch die Entscheidung kirchlicher Unternehmungsleitungen, scheidet
aus. Hierfür müssen wohl kaum Gründe genannt werden.
Soll dann die Caritas - oder Teile davon - Tarifverträge mit der
Gewerkschaft abschließen, einschließlich einer Streikmöglichkeit
der Mitarbeiter? Es gibt viele Gründe, die auch diesen Zweiten
Weg unrealistisch erscheinen lassen. Bleibt der so genannte Dritte Weg,
bei dem es nur zu Ergebnissen kommt, wenn 75 Prozent der Mitglieder
in der paritätisch besetzten Kommission einem Antrag zustimmen.
Bisher hat keiner der vorgelegten Beschluss vorschläge die notwendige
Mehrheit gefunden. Dabei wurde letztlich klar, welche Forderungen nicht
akzeptiert werden. Auch das ist ein Gewinn. Beide Seiten müssen
in den weiteren Verhandlungen die Belastungen und die Verantwortung
der anderen Seite besser verstehen lernen.
Die Mitarbeitervertreter haben das berechtigte Anliegen, dass die Vergütung
im Caritasbereich nicht von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt
wird. Die Dienstgeber haben keine Gewinnmaximierung im Auge, es geht
um Sicherung von Arbeitsplätzen, ja mehr noch um die Existenzsicherung
kirchlicher Sozialeinrichtungen. Die Lage ist in den verschiedenen Regionen
der Bundesrepublik und in den unterschiedlichen Sparten caritativer
Tätigkeit schon lange nicht mehr einheitlich. Dennoch scheint es
sinnvoll, einerseits zu einer bundesweiten Rahmenvereinbarung zu kommen,
die die Anbindung an die allgemeine Lohnentwicklung sicherstellt, und
andererseits die notwendigen Anpassungen, die die regionalen Finanzierungen
oder der Markt fördern, über die eingerichteten Unterkommissionen
sicherzustellen.
Nur die AK selbst kann über die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen
und Diensten des DCV entscheiden. Als ihr Vorsitzender bin ich zuversichtlich,
dass wir die schwierige Aufgabe bewältigen, wenn wir die notwendige
Geduld miteinander aufbringen und wenn alle Beteiligten auf dem Boden
der rechtlichen und faktischen Realität bleiben. Ich sehe keine
Alternative.
Dr. Norbert Feldhoff
Vizepräsident des DCV,
Vorsitzender der AK, Köln