48-Stunden-Woche: Opt-out-Klausel ist abzuschaffen
Alejandro CERCAS ALONSO (SPE, E)
Arbeitszeitgestaltung (Revision der Richtlinie 93/104/EWG)
Dok.: A5-0026/2004
Verfahren: Initiativbericht (gemäß Artikel 163 GO)
Aussprache: 09.02.2004
Annahme: 11.02.2004 (mit 370:116:21 Stimmen)
Das Europäische Parlament fordert in seinem Initiativbericht, dass
die individuelle Opt-out-Klausel bei der Arbeitszeitrichtlinie schrittweise
abgeschafft wird. In der Arbeitszeitrichtlinie wird festgelegt, dass
ein Arbeitnehmer maximal 48 Stunden pro Woche arbeiten darf. Es besteht
jedoch die Möglichkeit für Mitgliedstaaten, Ausnahmen zuzulassen
(so genanntes Opt-out). Das heißt, dass die 48-Stunden-Regel unter
besonderen Bedingungen, wie beispielsweise der Zustimmung des Arbeitnehmers,
nicht angewendet werden muss. In einer knappen Abstimmung (275:229:9
Stimmen) haben die Abgeordneten gefordert, dass diese Opt-out-Möglichkeit
so schnell wie möglich revidiert und schrittweise abgeschafft werden
soll (mündlicher Änderungsantrag = ÄA zu ÄA 26)
.
Die Forderung des Ausschusses, sofort wegen "systematischen Missbrauchs
der Richtlinie" ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Regierung
des Vereinigten Königreichs einzuleiten, wurde vom Plenum nicht
getragen (ÄA 1, 16).
Das Recht individueller Opt-outs hat nach Ansicht der Abgeordneten Missbrauchpotential
(13.). Beispielsweise ist es oft so, dass Vereinbarungen über ein
Opt-out zum gleichen Zeitpunkt wie der Arbeitsvertrag unterzeichnet
werden, so dass fraglich ist, ob der Arbeitnehmer wirklich eine freie
Wahl hatte. Die Opt-out-Möglichkeit wird sehr häufig im Vereinigten
Königreich benutzt, allerdings verstärkt auch in anderen Ländern
eingeführt. Dadurch wird das Ziel der Richtlinie unterminiert.
Es gibt Opt-outs für Arbeitnehmer im Gesundheitswesen in Frankreich,
Deutschland und den Niederlanden sowie in Luxemburg für das Hotel-
und Gaststättengewerbe.
Die Entschließung befasst sich auch mit den vor Kurzem getroffenen
Urteilen des EuGH über den Bereitschaftsdienst. Laut EuGH muss
der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit angesehen werden. Die Abgeordneten
bedauern, dass es momentan nicht möglich ist, die wirtschaftlichen
und sozialen Auswirkungen dieser Urteile auf den Gesundheitssektor zu
betrachten, da es keine vergleichbaren Studien und konkrete Daten gibt
(2.). Sie fordern daher die Kommission auf, im Rahmen der Richtlinie
konkrete Vorschläge für eine langfristige und nachhaltige
Lösung der Frage vorzulegen, wie der Bereitschaftsdienst definiert
und berechnet werden sollte. (ÄA 28). Kommission und Mitgliedstaaten
sollen auch den Austausch von Informationen und guten Verfahren fördern,
um mögliche Lösungen für den Gesundheitssektor aufzuzeigen,
wie beispielsweise die Aufstockung des Personals, neue Arten von Gesundheitsdiensten,
Änderung der Zahl der Bereitschaftsdienste, Entwicklung multidisziplinärer
Teams sowie die Ausweitung des Einsatzbereiches für nichtmedizinisches
Personal (ÄA 27).
Die Abgeordneten erkennen die Notwendigkeit der Flexibilität in
der Arbeitsorganisation an (ÄA 13). Gesundheits- und Sicherheitsaspekte
der Arbeitnehmer haben Vorrang, müssen jedoch auch im Zusammenhang
mit der Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben und wirtschaftlichen
Überlegungen gesehen werden (ÄA 31). Die Abgeordneten fordern
die Kommission auf, eine klare Position über alle Punkte der Richtlinie
anzunehmen, welche revidiert werden müssen. Sie soll so bald wie
möglich eine geänderte Richtlinie vorschlagen (1.).
Hintergrund:
Die so genannte Arbeitszeitrichtlinie gewährt den meisten Arbeitnehmer
mit Ausnahme von beispielsweise Managern einen Grundschutz. Die Arbeitnehmer
haben das Recht auf eine tägliche arbeitsfreie Zeit von zehn Stunden,
Pausen während der Arbeitszeit, eine maximale wöchentliche
Arbeitszeit von 48 Stunden und mindestens vier Wochen Jahresurlaub.
Generell soll ein Arbeitnehmer nicht mehr als acht Stunden nachts arbeiten.
Quelle: Pressemitteilung
Europäisches Parlament