Schreiben des Vorstands der
vom 15.07.99
Sehr geehrter Herr Schiering,
Sie übersandten mir das Schreiben der
vom 15.07.99 sowie einen Ausdruck der beanstandeten Internetseiten,
ferner Ihr Schreiben vom 12.02.99 an das Bischöfliche Ordinariat.
Der Vorstand der
rügt die Verletzung des Urheberrechtes. Danach wird das Anschreiben
des Vorstands der
vom 03.12.98 an die Mitarbeiter und der Vertragstext als geistiges Eigentum
der
bezeichnet, das urheberrechtlichen Schutz nach § 2 Urheberrechtsgesetz
genieße.
Nach § 2 Absatz 1 Nr.1 werden urheberrechtlich Sprachwerke, insbesondere
Schriftwerke und Reden geschützt. Geschützt sind also alle
Werke, die sich der Sprache als Ausdrucksmittel bedienen, gleichviel,
ob sie schriftlich niedergelegt sind oder nicht. Ein Sprachwerk ist
nur gegeben, wenn ein begrifflicher Inhalt durch die Sprache ausgedrückt
wird. Voraussetzung für die Schutzfähigkeit von Sprachwerken
ist, dass dem individuellen Geist Ausdruck verliehen wird. Bei Briefen
legt die Rechtsprechung einen strengen Maßstab an oder wichtet
ein bestimmtes geordnetes Maß an geistiger Leistung, im Gegensatz
zu womöglich eher ungeordneten Äußerungen in einem Brief.
Nach Durchsicht der Rechtsprechung bin ich der Auffassung, dass sowohl
der Standardbrief als auch das Vertragswerk grundsätzlich Urheberrechtsschutz
genießen können.
Entscheidend für das Unterlassungsbegehren ist nun, ob Sie sich
als derjenige, der die Veröffentlichung vorgenommen hat, darauf
berufen können, dass verfassungsrechtlich geschützte Ansprüche
Ihrerseits bestehen. Aus Artikel 5 Grundgesetz, Meinungsäußerungsfreiheit
ist zu entnehmen, dass es Ihnen grundsätzlich möglich sein
muss, im Meinungskampf auch die von Ihnen beanstandeten schriftlichen
Passagen zu veröffentlichen. Die Zielrichtung, weswegen Sie die
Veröffentlichung im Internet vorgenommen haben, geht ja nicht dahin,
anderen das Übernehmen von Standardbriefen oder Vertragswerken
zu ermöglichen, sondern das arbeitsrechtliche Vorgehen zu Brandmarken.
Damit nehmen Sie grundsätzlich geschützte Rechtspositionen
ein. Zwar stößt die Ausübung des Grundrechts auf freie
Meinungsäußerung an die Grenzen der allgemeinen Gesetze;
diese sind aber Ihrerseits im Lichte des Verfassungsrechtes auszulegen.
Man muss so zu einer Abwägung der Rechtspositionen kommen.
Das Vorgehen des Vorstands der
lässt sich anders als durch Kenntlichmachen der konzipierten Vertragswerke
gar nicht oder schlecht schildern. Jede zusammenfassende Ausführung,
die nicht am Wortlaut orientiert wäre, liefe Gefahr, dass sie lediglich
holzschnittartig und damit ungenau wäre. Es kann Ihnen als Veröffentlicher
im Meinungskampf gerade nicht vorgeworfen werden, den von Ihnen inkriminierten
Text genau im Wortlaut vorzulegen. Insoweit kann man Ihnen nämlich
nicht vorwerfen, dass Sie einen Vertragstext bei einer Zusammenfassung
der Vorgehensweise des Arbeitgebers bereits selber würdigen und
damit womöglich im Hinblick auf die Verkürzung unrichtig berichten.
Zu diskutieren wäre meines Erachtens allenfalls, ob durch die
Verbreitung im Internet noch eine Verhältnismäßigkeit
gegeben ist. Der Kreis derjenigen, die hiervon Kenntnis bekommen kann,
ist sehr weit; andererseits wird vom Schutzgedanken des Urheberrechtsgesetzes
gerade keine Gefahr durch die Veröffentlichung hervorgehen. Internetbenutzer,
die Arbeitsverträge übernehmen wollen und sich den geistigen
Inhalt des Musterschreibens und des Vertragswerkes aneignen wollen,
werden gerade nicht auf die Idee kommen, über eine Suchmaschine
oder über eigenes Suchen bei der Internetadresse der DiAG-MAV fündig
zu werden.
Meines Erachtens ist das Vorgehen auch vom Zweck der Arbeitsgemeinschaft
gern. § 24 Absatz 2 MAVO gedeckt. Gerade andere Mitarbeitervertretungen
können über die Internetadresse der DiAG-MAV Informationen
erhalten; die Art der Veröffentlichung läßt auch deutlich
werden, dass ein bestimmtes Muster eines Vorgehens mit Ausgründungen
seitens der DiAG-MAV darstellen will. Das Vorgehen des Vorstands der
wird so als Lehrstück vorgestellt und dient damit auch unmittelbar
dem Informationszweck anderer Mitarbeitervertretungen.
Soweit eine Verletzung der Schweigepflicht geltend gemacht wird, ist
meines Erachtens auszuführen, dass eine dienstliche Angelegenheit
im Sinne des § 20 MAVO nicht betroffen ist. Verträge, die
mit Arbeitnehmern geschlossen werden, können von diesen selbstverständlich
dritten Personen vorgelegt werden; sie genießen selbst keinen
Geheimnisschutz. Mitarbeiter legen Arbeitsverträge beispielsweise
Banken vor, um Kredite zu erhalten; sie werden auch sonst im Rechtsverkehr
üblicherweise Dritten vorgelegt; Mitarbeiter können daher
von diesem Schutzzweck her gesehen auch die Mitarbeitervertretung informieren;
Ein Arbeitsvertrag mit einem Mitarbeiter ist so keine dienstliche Angelegenheit,
die unter den Schutzzweck des § 20 MAVO fallen würde.
Für weitere Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Dr. Rainer Held