Logo

Die Internetseite für Mitarbeitervertretungen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz


Pfeil


Sie befinden sich hier: Home - Infoblätter und Links -DiAG-Info - Sonderausgabe zur Arbeitszeit

DiAG-Info
Sonderausgabe zur Arbeitszeit

Stand April 2001


 

 


Vorwort

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Kosteneinsparungen sind angesagt; und gerade in den Arbeitszeiten bzw. deren Lage stecken ungeheure Sparpotentiale.

Das Arbeitszeitgesetz und die AVR eröffnen hier eine Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten, aber ob diese immer im Interesse der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind?

Und welche Mitbestimmungsmöglichkeiten hat die MAV?

Daher zur Orientierung und Hilfestellung diese neu überarbeitete Sonderausgabe des DiAG-Infos zur Arbeitszeit.

 

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Schiering

 


1. Ausgleichszeiten, Überstunden, Dienstvereinbarungen

Die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes in Verbindung mit den Inhalten der AVR öffnen neuen Arbeitszeitmodellen Tür und Tor, insbesondere wenn der Ausgleichszeitraum auf der Grundlage einer Dienstvereinbarung auf 52 Wochen ausgedehnt wird.

Um die Möglichkeiten und die damit verbundenen Problemstellungen aufzuzeigen, beginnen wir einen kleinen Ausflug in das Land der unbegrenzten Arbeitszeiten:

Im Diagramm 1 noch nichts besonderes: die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden ist identisch mit der dienstplanmäßigen bzw. betriebsüblichen Arbeitszeit; es gibt keine Probleme.

 

Diagramm 1: 38,5 Std/Woche

 

Überstunden (mit dem Anspruch auf Zeitzuschlag gemäß § 1 Abs.1 Satz 2 Buchstabe a) der Anlage 6a) entstehen, wenn auf Anordnung oder mit Kenntnis und Duldung (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts) die 38,5 Stunden pro Woche überschritten werden; ist entsprechender Freizeitausgleich bis zum Ende des Folgemonats nicht möglich, ist die Überstundenvergütung nach § 1 Abs.3 Unterabsatz 2 der Anlage 6a zu zahlen.

 

Im Diagramm 2 haben wir ein wechselndes Wochenleistungsmaß (wöchentlich wechselnde dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeiten); Woche 1 mit 50,0 Stunden und Woche 2 mit 27,0 Stunden. Dieses Arbeitszeitmodell wird angestrebt, um z. B. bei anfallender Wochenendarbeit die Entstehung von (teureren) Überstunden zu vermeiden.

Diagramm 2: 50,0/27,0 Std/Woche

 

Überstunden fallen hier an, wenn auf Anordnung oder mit Kenntnis und Duldung in der Woche 1 die 50. bzw. in der Woche 2 die 27. Stunde überschritten werden.

Für dieses Modell bedarf es bereits einer Dienstvereinbarung zur Verlängerung des Ausgleichszeitraumes, da die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden in den vorgegebenen 13 Wochen im 1. und 3. Quartal nicht erreicht wird (Überschreitung jeweils um 11,5 Stunden).

 

wird derzeit aktualisiert!

 

Daher: Wenn Sie mit vereinbaren wollen, daß der Ausgleichszeitraum (AVR Anlage 5 § 1) auf der Grundlage des § 38 MAVO auf über 13 Wochen (bis zu 52 Wochen) verlängert wird, sollten Sie folgende Punkte auf jeden Fall in Ihren Überlegungen berücksichtigen:

  • eine Befristung zunächst auf ein Kalenderjahr, um die praktischen Auswirkungen zu erproben. Gleichzeitig sollte vereinbart werden, daß bei Nichtverlängerung nach dem Ablauf wieder der Ausgleichszeitraum von 13 Wochen gilt

  • dass während der Laufzeit dieser Dienstvereinbarung im Geltungsbereich keine betriebsbedingten Kündigungen stattfinden

  • dass eine veränderte Verteilung der Arbeitszeiten (zusätzliche freie Tage im Jahr) zu keiner Verschlechterung des des bisher bestehenden Urlaubsanspruches führen; die Berechnung findet auf der bisherigen Grundlage (z. B. 5-Tage-Woche) statt

  • bei Betriebsurlaub: es sollten mindestens fünf Urlaubstage (eine Woche Urlaub) außerhalb der festgesetzten Zeiten frei genommen werden können.


2. Arbeitszeitkonten

Zunächst einige grundsätzlichen Anmerkungen zur Arbeitszeitkontenregelung durch Dienstvereinbarung gemäß AVR Anlage 5b.

Diese Arbeitszeitkontenregelung ersetzt den Ausgleichszeitraum gemäß AVR Anlage 5 § 1 von 13 Wochen, der generell - soweit keine Dienstvereinbarung besteht - gilt. Nach dieser Bestimmung wird die durchschnittlich vertraglich feststehende wöchentliche Arbeitszeit innerhalb von 13 Wochen dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich auf die einzelnen Wochen verteilt; es stehen also 13 x 38,5 = 500,5 Stunden zur Verteilung an. Die so auf die einzelnen Wochen verteilte Arbeitszeit ist zunächst einmal das festgesetzte Wochenleistungsmaß.

Die Stunden, die auf Anordnung oder Kenntnis und Duldung des Dienstgebers oder seines Bevollmächtigten bzw. des unmittelbaren Vorgesetzten über das Wochenleistungsmaß hinausgehen, sind Überstunden, für die der Überstundenzuschlag (15%, 20%, 25% der Stundenvergütung) fällig wird.
Darüber hinaus muss jede Überstunde, bei der kein Freizeitausgleich bis zum Ende des Folgemonats erfolgt, abgegolten werden (100% der Stundenvergütung gemäß AVR Anlage 6a § 2).
Weiterhin: Werden die 500,5 Stunden innerhalb des 13-Wochen-Zeitraums auf Anweisung des Dienstgebers unterschritten, so liegt Annahmeverzug vor und der Mitarbeiter muss diese Zeiten nicht nacharbeiten.

Beispiel: Im Diagramm 1 haben wir ein wechselndes Wochenleistungsmaß (wöchentlich wechselnde dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche Arbeitszeiten); Woche 1 mit 50,0 Stunden und Woche 2 mit 27,0 Stunden. Dieses Arbeitszeitmodell wird angestrebt, um z. B. bei anfallender Wochenendarbeit die Entstehung von (teureren) Überstunden zu vermeiden.
Überstunden fallen hier an, wenn auf Anordnung oder mit Kenntnis und Duldung in der Woche 1 die 50. bzw. in der Woche 2 die 27. Stunde überschritten werden.

Diagramm 1: 50,0 / 27,0 Std/Woche

Diese geltende gesetzliche Regelungen ist für den Dienstgeber teuer, daher werden diese Bestimmungen häufig einfach zum Nachteil der Mitarbeiter ignoriert und nicht durchgeführt. Die somit gesetzeswidrig eingesparten Beträge können - je nach Situation - bis zu 3.000,- DM pro Jahr und Mitarbeiter ausmachen.

Mit einer Arbeitszeitkontenregelung durch Dienstvereinbarung gemäß AVR Anlage 5b läßt sich diese Angelegenheit legalisieren und der oftmals bestehenden Praxis anpassen. Denn damit wird der Ausgleichszeitraum abgeschafft und man bewegt sich innerhalb eines frei floatenden Zeitrahmens von +115,5 und -115,5 Stunden im Bezug zur vertraglich vereinbarten Arbeitszeit.

Abgerechnet wird grundsätzlich erst beim Ausscheiden des Mitarbeiters. Auch Überstunden entstehen somit kaum noch, denn jetzt wird festgelegt, dass zusätzlich angeordneten Plusstunden, die über die dienstplanmäßige bzw. betriebsüblich festgesetzte Arbeitszeit hinausgehen, nur bis zu einer bestimmten Grenze, höchstens jedoch 10 Stunden in der Woche, dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters gutgeschrieben werden können; weitere angeordnete Plusstunden sind zeitzuschlagspflichtige Überstunden, soweit dadurch unter Berücksichtigung der individuellen Zumutbarkeit bei ihrer Anordnung die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 1 Absatz 1 der Anlage 5 zu den AVR überschritten wird.

Das bedeutet, dass man sich sehr wohl überlegen sollte, ob man als MAV eine Dienstvereinbarung gemäß AVR Anlage 5b zu einer Arbeitszeitkontenregelung abschließt. Hierdurch wird das Einkommen der Mitarbeiter vermindert und es sollten mindestens akzeptable Gegenleistungen auf der anderen Seite stehen.

Denkbar wäre hier ein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen während der Laufzeit der Dienstvereinbarung oder eine vom Mitarbeiter selbst bestimmte Lage der Arbeitszeit (Zeitsouveränität).


3. Zeitgutschriften

Keinesfalls sollte man aber Zeitgutschriften gemäß AVR Anlage 5b § 4 vereinbaren. Hier werden anstatt von Zeitzuschlägen ein Gegenwert in Freizeit gewährt. Dabei ist zu beachten:

  1. Durch ein derartiges Modell findet eine Verkürzung der tatsächlichen Arbeitszeit statt; dies funktioniert nur, wenn gleichzeitig auch der Arbeitsauftrag inhaltlich reduziert wird.

  2. Das bedeutet weiterhin, dass die freiwerdenden Stellenanteile durch Neueinstellungen besetzt werden. Denn sonst handelt es sich nur um eine Stellenreduzierung, die durch Arbeitszeitverdichtung (die Mitarbeiter leisten in kürzerer Zeit die gleiche Arbeit) bezahlt wird.

  3. Durch den Ausgleich durch Freizeit entfallen steuerbegünstigte Gehaltsbestandteile.

  4. Die Zeitzuschläge sind sozialversicherungspflichtig; werden diese durch Freizeit ersetzt, ergeben sich erhebliche Minderungen im Gesamtversorgungsanspruch.

Daher ist von Zeitgutschriften gemäß AVR Anlage 5b § 4 absolut abzuraten.


4. Grenzen bei der Arbeitszeit

 

Zunächst - damit wir wissen, wovon die Rede ist - einige Begriffsbestimmungen:

wird derzeit aktualisiert!


5. Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung

Zustimmung bei Angelegenheiten der Dienststelle, Antragsrechte der MAV (§§ 36 und 37 MAVO)

(1) Die Entscheidung bei folgenden Angelegenheiten der Dienststelle bedarf der Zustimmung der Mitarbeitervertretung, bzw. die Mitarbeitervertretung hat in folgenden Angelegenheiten ein Antragsrecht soweit nichteine kirchliche Arbeitsvertragsordnung oder sonstige Rechtsnorm Anwendung findet:

1. Änderung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage,

2. Festlegung der Richtlinien zum Urlaubsplan und zur Urlaubsregelung

....

Muss für eine Einrichtung oder für einen Teil der Einrichtung die tägliche Arbeitszeit gemäß Abs. 1 Nr. 1 nach Erfordernissen, die die Einrichtung nicht voraussehen kann, unregelmäßig oder kurzfristig festgesetzt werden, ist die Beteiligung der Mitarbeitervertretung auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne, insbesondere für die Anordnung von Arbeitsbereitschaft, Mehrarbeit und Überstunden beschränkt.

Diese Inhalte bedeuten eine erhebliche Aufwertung der MAV!

Sie haben es mit in der Hand, wie die Arbeitszeiten in Ihrer Einrichtung aussehen!

Die MAV hat mitzubestimmen

  • an welchen Tagen in der Woche Dienstnehmer beschäftigt werden dürfen,

  • bei der Festlegung der Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit,

  • bei der Festlegung der Höchstzahl von Tagen in der Woche, an denen Dienstnehmer beschäftigt werden sollen,

  • bei der Regelung der Frage, ob die tägliche Arbeitszeit in einer oder mehreren Schichten geleistet werden soll,

  • bei der gleitenden Arbeitszeit (Gleitspannen, Kernarbeitszeiten)

  • bei Überstunden, Mehrarbeitsstunden und Kurzarbeit,

  • bei der Aufstellung von Dienstplänen

  • bei der Festlegung der Pausen.

Die MAV kann im Wege der einstweiligen Anordnung verhindern, daß der Dienstgeber ohne Zustimmung der MAV Dienstpläne ändert, durch einstweilige Anordnung kann dem Dienstgeber untersagt werden, Dienstnehmer ohne Zustimmung der MAV zu Mehrarbeit bzw. Überstunden einzuteilen und die Mehrarbeit bzw. Überstunden dieser Dienstnehmer entgegenzunehmen. Die MAV kann im Wege der einstweiligen Anordnung verhindern, daß der Dienstgeber das Mitbestimmungsrecht bei Überstunden durch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern umgeht.

Die Mitbestimmung ist schon bei der einmaligen Verlegung bzw. Festsetzung der Arbeitszeit gegeben.

Wichtig: die Beschränkung des § 36 Abs. 3 MAVO greift nur, wenn grundsätzliche Regelungen unter Mitbestimmung der MAV erlassen oder in einer Dienstvereinbarung festgelegt sind!

Auch bei der Festlegung von Betriebsferien hat die MAV ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht; eine ohne Zustimmung der MAV getroffene Maßnahme ist unwirksam. Sind die Betriebsferien durch Dienstvereinbarung festgelegt, steht damit auch der Urlaubszeitpunkt und die Fälligkeit fest.