Vorwort
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Kosteneinsparungen sind angesagt; und gerade in den
Arbeitszeiten bzw. deren Lage stecken ungeheure Sparpotentiale.
Das Arbeitszeitgesetz und die AVR eröffnen hier
eine Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten, aber ob diese immer
im Interesse der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind?
Und welche Mitbestimmungsmöglichkeiten hat die
MAV?
Daher zur Orientierung und Hilfestellung diese neu
überarbeitete Sonderausgabe des DiAG-Infos zur Arbeitszeit.
Mit freundlichen Grüßen
1. Ausgleichszeiten, Überstunden,
Dienstvereinbarungen
Die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes in
Verbindung mit den Inhalten der AVR öffnen neuen Arbeitszeitmodellen
Tür und Tor, insbesondere wenn der Ausgleichszeitraum auf der Grundlage
einer Dienstvereinbarung auf 52 Wochen ausgedehnt wird.
Um die Möglichkeiten und die damit verbundenen
Problemstellungen aufzuzeigen, beginnen wir einen kleinen Ausflug in
das Land der unbegrenzten Arbeitszeiten:
Im Diagramm 1 noch nichts besonderes: die regelmäßige
durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden ist
identisch mit der dienstplanmäßigen bzw. betriebsüblichen
Arbeitszeit; es gibt keine Probleme.
Diagramm 1: 38,5 Std/Woche
Überstunden (mit dem Anspruch auf Zeitzuschlag
gemäß § 1 Abs.1 Satz 2 Buchstabe a) der Anlage 6a) entstehen,
wenn auf Anordnung oder mit Kenntnis und Duldung (ständige Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts) die 38,5 Stunden pro Woche überschritten
werden; ist entsprechender Freizeitausgleich bis zum Ende des Folgemonats
nicht möglich, ist die Überstundenvergütung nach §
1 Abs.3 Unterabsatz 2 der Anlage 6a zu zahlen.
Im Diagramm 2 haben wir ein wechselndes Wochenleistungsmaß
(wöchentlich wechselnde dienstplanmäßige bzw. betriebsübliche
Arbeitszeiten); Woche 1 mit 50,0 Stunden und Woche 2 mit 27,0 Stunden.
Dieses Arbeitszeitmodell wird angestrebt, um z. B. bei anfallender Wochenendarbeit
die Entstehung von (teureren) Überstunden zu vermeiden.
Diagramm 2: 50,0/27,0 Std/Woche
Überstunden fallen hier an, wenn auf Anordnung
oder mit Kenntnis und Duldung in der Woche 1 die 50. bzw. in der Woche
2 die 27. Stunde überschritten werden.
Für dieses Modell bedarf es bereits einer Dienstvereinbarung
zur Verlängerung des Ausgleichszeitraumes, da die regelmäßige
durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden in
den vorgegebenen 13 Wochen im 1. und 3. Quartal nicht erreicht wird
(Überschreitung jeweils um 11,5 Stunden).
wird derzeit aktualisiert!
Daher: Wenn Sie mit vereinbaren wollen, daß
der Ausgleichszeitraum (AVR Anlage 5 § 1) auf der Grundlage des
§ 38 MAVO auf über 13 Wochen (bis zu 52 Wochen) verlängert
wird, sollten Sie folgende Punkte auf jeden Fall in Ihren Überlegungen
berücksichtigen:
- eine Befristung zunächst auf ein Kalenderjahr, um die praktischen
Auswirkungen zu erproben. Gleichzeitig sollte vereinbart werden, daß
bei Nichtverlängerung nach dem Ablauf wieder der Ausgleichszeitraum
von 13 Wochen gilt
- dass während der Laufzeit dieser Dienstvereinbarung im Geltungsbereich
keine betriebsbedingten Kündigungen stattfinden
- dass eine veränderte Verteilung der Arbeitszeiten (zusätzliche
freie Tage im Jahr) zu keiner Verschlechterung des des bisher bestehenden
Urlaubsanspruches führen; die Berechnung findet auf der bisherigen
Grundlage (z. B. 5-Tage-Woche) statt
- bei Betriebsurlaub: es sollten mindestens fünf Urlaubstage
(eine Woche Urlaub) außerhalb der festgesetzten Zeiten frei
genommen werden können.
2. Arbeitszeitkonten
Zunächst einige grundsätzlichen Anmerkungen
zur Arbeitszeitkontenregelung durch Dienstvereinbarung gemäß
AVR Anlage 5b.
Diese Arbeitszeitkontenregelung ersetzt den Ausgleichszeitraum
gemäß AVR Anlage 5 § 1 von 13 Wochen, der generell -
soweit keine Dienstvereinbarung besteht - gilt. Nach dieser Bestimmung
wird die durchschnittlich vertraglich feststehende wöchentliche
Arbeitszeit innerhalb von 13 Wochen dienstplanmäßig bzw.
betriebsüblich auf die einzelnen Wochen verteilt; es stehen also
13 x 38,5 = 500,5 Stunden zur Verteilung an. Die so auf die einzelnen
Wochen verteilte Arbeitszeit ist zunächst einmal das festgesetzte
Wochenleistungsmaß.
Die Stunden, die auf Anordnung oder Kenntnis und
Duldung des Dienstgebers oder seines Bevollmächtigten bzw. des
unmittelbaren Vorgesetzten über das Wochenleistungsmaß hinausgehen,
sind Überstunden, für die der Überstundenzuschlag (15%,
20%, 25% der Stundenvergütung) fällig wird.
Darüber hinaus muss jede Überstunde, bei der kein Freizeitausgleich
bis zum Ende des Folgemonats erfolgt, abgegolten werden (100% der Stundenvergütung
gemäß AVR Anlage 6a § 2).
Weiterhin: Werden die 500,5 Stunden innerhalb des 13-Wochen-Zeitraums
auf Anweisung des Dienstgebers unterschritten, so liegt Annahmeverzug
vor und der Mitarbeiter muss diese Zeiten nicht nacharbeiten.
Beispiel: Im Diagramm 1 haben wir ein wechselndes
Wochenleistungsmaß (wöchentlich wechselnde dienstplanmäßige
bzw. betriebsübliche Arbeitszeiten); Woche 1 mit 50,0 Stunden und
Woche 2 mit 27,0 Stunden. Dieses Arbeitszeitmodell wird angestrebt,
um z. B. bei anfallender Wochenendarbeit die Entstehung von (teureren)
Überstunden zu vermeiden.
Überstunden fallen hier an, wenn auf Anordnung oder mit Kenntnis
und Duldung in der Woche 1 die 50. bzw. in der Woche 2 die 27. Stunde
überschritten werden.
Diagramm 1: 50,0 / 27,0 Std/Woche
Diese geltende gesetzliche Regelungen ist für
den Dienstgeber teuer, daher werden diese Bestimmungen häufig einfach
zum Nachteil der Mitarbeiter ignoriert und nicht durchgeführt.
Die somit gesetzeswidrig eingesparten Beträge können - je
nach Situation - bis zu 3.000,- DM pro Jahr und Mitarbeiter ausmachen.
Mit einer Arbeitszeitkontenregelung durch Dienstvereinbarung
gemäß AVR Anlage 5b läßt sich diese Angelegenheit
legalisieren und der oftmals bestehenden Praxis anpassen. Denn damit
wird der Ausgleichszeitraum abgeschafft und man bewegt sich innerhalb
eines frei floatenden Zeitrahmens von +115,5 und -115,5 Stunden im Bezug
zur vertraglich vereinbarten Arbeitszeit.
Abgerechnet wird grundsätzlich erst beim Ausscheiden
des Mitarbeiters. Auch Überstunden entstehen somit kaum noch, denn
jetzt wird festgelegt, dass zusätzlich angeordneten Plusstunden,
die über die dienstplanmäßige bzw. betriebsüblich
festgesetzte Arbeitszeit hinausgehen, nur bis zu einer bestimmten Grenze,
höchstens jedoch 10 Stunden in der Woche, dem Arbeitszeitkonto
des Mitarbeiters gutgeschrieben werden können; weitere angeordnete
Plusstunden sind zeitzuschlagspflichtige Überstunden, soweit dadurch
unter Berücksichtigung der individuellen Zumutbarkeit bei ihrer
Anordnung die regelmäßige Arbeitszeit gemäß §
1 Absatz 1 der Anlage 5 zu den AVR überschritten wird.
Das bedeutet, dass man sich sehr wohl überlegen
sollte, ob man als MAV eine Dienstvereinbarung gemäß AVR
Anlage 5b zu einer Arbeitszeitkontenregelung abschließt. Hierdurch
wird das Einkommen der Mitarbeiter vermindert und es sollten mindestens
akzeptable Gegenleistungen auf der anderen Seite stehen.
Denkbar wäre hier ein Schutz vor betriebsbedingten
Kündigungen während der Laufzeit der Dienstvereinbarung oder
eine vom Mitarbeiter selbst bestimmte Lage der Arbeitszeit (Zeitsouveränität).
3. Zeitgutschriften
Keinesfalls sollte man aber Zeitgutschriften
gemäß AVR Anlage 5b § 4 vereinbaren. Hier werden anstatt
von Zeitzuschlägen ein Gegenwert in Freizeit gewährt. Dabei
ist zu beachten:
- Durch ein derartiges Modell findet eine Verkürzung
der tatsächlichen Arbeitszeit statt; dies funktioniert nur, wenn gleichzeitig
auch der Arbeitsauftrag inhaltlich reduziert wird.
- Das bedeutet weiterhin, dass die freiwerdenden
Stellenanteile durch Neueinstellungen besetzt werden. Denn sonst handelt
es sich nur um eine Stellenreduzierung, die durch Arbeitszeitverdichtung
(die Mitarbeiter leisten in kürzerer Zeit die gleiche Arbeit)
bezahlt wird.
- Durch den Ausgleich durch Freizeit entfallen steuerbegünstigte
Gehaltsbestandteile.
- Die Zeitzuschläge sind sozialversicherungspflichtig;
werden diese durch Freizeit ersetzt, ergeben sich erhebliche Minderungen
im Gesamtversorgungsanspruch.
Daher ist von Zeitgutschriften gemäß AVR
Anlage 5b § 4 absolut abzuraten.
4. Grenzen bei der Arbeitszeit
Zunächst - damit wir wissen, wovon die
Rede ist - einige Begriffsbestimmungen:
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wird derzeit aktualisiert!
5. Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung
Zustimmung bei Angelegenheiten der Dienststelle,
Antragsrechte der MAV (§§ 36 und 37 MAVO)
(1) Die Entscheidung bei folgenden Angelegenheiten
der Dienststelle bedarf der Zustimmung der Mitarbeitervertretung,
bzw. die Mitarbeitervertretung hat in folgenden Angelegenheiten
ein Antragsrecht soweit nichteine kirchliche Arbeitsvertragsordnung
oder sonstige Rechtsnorm Anwendung findet:
1. Änderung von Beginn und Ende der täglichen
Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung
der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage,
2. Festlegung der Richtlinien zum Urlaubsplan
und zur Urlaubsregelung
....
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Muss für eine Einrichtung oder für
einen Teil der Einrichtung die tägliche Arbeitszeit gemäß
Abs. 1 Nr. 1 nach Erfordernissen, die die Einrichtung nicht voraussehen
kann, unregelmäßig oder kurzfristig festgesetzt werden, ist
die Beteiligung der Mitarbeitervertretung auf die Grundsätze für
die Aufstellung der Dienstpläne, insbesondere für die Anordnung
von Arbeitsbereitschaft, Mehrarbeit und Überstunden beschränkt.
Diese Inhalte bedeuten eine erhebliche Aufwertung
der MAV!
Sie haben es mit in der Hand, wie die Arbeitszeiten
in Ihrer Einrichtung aussehen!
Die MAV hat mitzubestimmen
- an welchen Tagen in der Woche Dienstnehmer beschäftigt
werden dürfen,
- bei der Festlegung der Dauer der täglichen und wöchentlichen
Arbeitszeit,
- bei der Festlegung der Höchstzahl von Tagen in der Woche,
an denen Dienstnehmer beschäftigt werden sollen,
- bei der Regelung der Frage, ob die tägliche Arbeitszeit
in einer oder mehreren Schichten geleistet werden soll,
- bei der gleitenden Arbeitszeit (Gleitspannen, Kernarbeitszeiten)
- bei Überstunden, Mehrarbeitsstunden und Kurzarbeit,
- bei der Aufstellung von Dienstplänen
- bei der Festlegung der Pausen.
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Die MAV kann im Wege der einstweiligen Anordnung
verhindern, daß der Dienstgeber ohne Zustimmung der MAV Dienstpläne
ändert, durch einstweilige Anordnung kann dem Dienstgeber untersagt
werden, Dienstnehmer ohne Zustimmung der MAV zu Mehrarbeit bzw. Überstunden
einzuteilen und die Mehrarbeit bzw. Überstunden dieser Dienstnehmer
entgegenzunehmen. Die MAV kann im Wege der einstweiligen Anordnung verhindern,
daß der Dienstgeber das Mitbestimmungsrecht bei Überstunden
durch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern umgeht.
Die Mitbestimmung ist schon bei der einmaligen Verlegung
bzw. Festsetzung der Arbeitszeit gegeben.
Wichtig: die Beschränkung des § 36 Abs.
3 MAVO greift nur, wenn grundsätzliche Regelungen unter Mitbestimmung
der MAV erlassen oder in einer Dienstvereinbarung festgelegt sind!
Auch bei der Festlegung von Betriebsferien hat die
MAV ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht; eine ohne Zustimmung der MAV
getroffene Maßnahme ist unwirksam. Sind die Betriebsferien durch
Dienstvereinbarung festgelegt, steht damit auch der Urlaubszeitpunkt
und die Fälligkeit fest.
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