Kirchliches Amtsblatt 1994, S. 79 ff, BO Nr. A 844
BO Nr. A 844 - 16.3.94 PfReg. F 1.1 a
Neufassung der Schlichtungsverfahrensordnung zur
Mitarbeitervertretungsordnung
(SVO - MAVO)
Mit Dekret Nr. A 818 vom 15. März 1994 hat Bischof Dr. Kasper
nach Anhörung der Diözesanen Arbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen
nachstehende Neufassung der Schlichtungsverfahrensordnung zur Mitarbeitervertretungsordnung
vom 12. Februar 1976 (KABl. 1976, S. 51ff.) erlassen und mit dem Tag
der Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt in Kraft gesetzt.
Die Neufassung wird wie folgt veröffentlicht:
1. Abschnitt
Schlichtungsstelle, Status der Mitglieder, Kosten
§ 1
(1) Die Schlichtungsstelle führt die Bezeichnung: >> MAVO-Schlichtungsstelle
in der Diözese Rottenburg-Stuttgart <<.
(2) Sie hat ihren Sitz und ihre Geschäftsstelle in Rottenburg
am Neckar, Eugen-Bolz-Platz 1.
(3) Die Mitarbeiter/Mitarbeiterihnen der Geschäftsstelle dürfen
nicht gleichzeitig Beisitzer der Schlichtungsstelle sein.
§ 2
(1) Die Mitglieder der Schlichtungsstelle sind unabhängig und
nur an das Recht und an ihr Gewissen gebunden.
(2) Sie unterliegen hinsichtlich ihrer Amtsausübung der Schweigepflicht.
Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus der Schlichtungsstelle.
(3) Der Vorsitzende belehrt die Mitglieder der Schlichtungsstelle vor
Beginn ihrer ersten Amtsleistung über ihre Verpflichtungen nach
Abs. 1 und Abs. 2.
§ 3
Die Mitglieder der Schlichtungsstelle sind gemäß §
40 Abs. 2 Satz 6 MAVO bis zum 31. Dezember des Jahres im Amt, in dem
die regelmäßigen Wahlen i.S.v. § 9 Abs. 1 MAVO erfolgen.
§ 4
(1) Die Mitglieder der Schlichtungsstelle sind ehrenamtlich tätig.
Dem Vorsitzenden kann eine Aufwandsentschädigung gewährt werden.
Für die Beisitzer der Dienstnehmerseite gilt § 15 Abs. 2 und
Abs. 4 der Mitarbeitervertretungsordnung entsprechend.
(2) Die Kosten für die Einrichtung und die laufenden Kosten der
Schlichtungsstelle werden vom Bischöflichen Ordinariat getragen.
(3) Für die Erstattung der Reisekosten gilt die diözesanrechtliche
Regelung.
§ 5
(1) Ein Mitglied der Schlichtungsstelle kann jederzeit sein Amt niederlegen.
(2) Das Amt eines Mitglieds endet,
- wenn das Fehlen oder der Wegfall einer Voraussetzung für seine
Berufung bekannt wird,
- wenn Gründe vorliegen, die zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses
im Anwendungsbereich nach § 1 MAVO aus einem wichtigen Grund
berechtigen.
- bei Verlust der Geschäftsfähigkeit.
(3) Hinsichtlich des Ausschlusses oder der Ablehnung von Mitgliedern
der Schlichtungsstelle gelten die §§ 41 bis 48 ZPO entsprechend.
(4) Über die Beendigung nach Absatz 2 und den Ausschluß
sowie die Ablehnung nach Abs. 3 befindet die Schlichtungsstelle unter
Ausschluß des Betroffenen nach dessen Anhörung. Ist der Vorsitzende
der Schlichtungsstelle oder sein Stellvertreter Betroffener, so befindet
die Schlichtungsstelle unter Vorsitz des jeweils nicht betroffenen Vorsitzenden.
2. Abschnitt
Vorbereitung der mündlichen Verhandlung
§ 6
(1) Die Schlichtungsstelle wird auf Antrag tätig. Er ist schriftlich
an den Vorsitzenden der Schlichtungsstelle zu richten. Die Antragstellung
hat unverzüglich, jedoch im Falle des § 41 Abs. 1 Nr.7 und
Nr.8 MAVO innerhalb eines Monats zu erfolgen.
(2) Der Antrag muß den Antragsteller, den Antragsgegner und den
Streitgegenstand bezeichnen und soll ein bestimmtes Feststellungs- oder
Leistungsbegehren enthalten. Zur Begründung dienende Tatsachen
und Beweismittel sollen angegeben werden. Entspricht der Antrag diesen
Anforderungen nicht, so hat der Vorsitzende den Antragsteller zu der
erforderlichen Ergänzung innerhalb einer von ihm zu bestimmenden
Frist aufzufordern.
(3) Die Geschäftsstelle leitet die Verfahrensunterlagen rechtzeitig
an die Mitglieder der Schlichtungsstelle weiter.
§ 7
(1) Der Antragsteller kann seinen Antrag jederzeit zurücknehmen.
Die Antragsrücknahme erfolgt, wenn sie nicht in der mündlichen
Verhandlung erklärt wird, durch schriftliche Erklärung gegenüber
dem Vorsitzenden der Schlichtungsstelle. In diesem Fall ist das Verfahren
vom Vorsitzenden der Schlichtungsstelle einzustellen.
(2) Eine Änderung des Antrages durch den Antragsteller ist zulässig,
wenn der Antragsgegner einwilligt oder die Schlichtungsstelle die Änderung
für sachdienlich hält.
§ 8
Erweist sich ein Antrag als unzulässig oder als offenbar unbegründet,
so kann die Schlichtungsstelle den Antrag ohne mündliche Verhandlung,
selbst wenn diese beantragt ist, durch einen mit Gründen versehenen
Beschluß zurückweisen.
§ 9
Die Schlichtungsstelle kann aus wichtigem Grund sachdienliche einstweilige
Anordnungen treffen. Die einstweilige Anordnung ergeht auf Beschluß
des Vorsitzenden ohne vorhergehende Verhandlung.
§ 10
Der Vorsitzende verfügt die Zustellung des Antrags an den Antragsgegner.
Zugleich mit der Zustellung ist der Antragsgegner aufzufordern, sich
schriftlich zu äußern. Hierfür kann eine Frist gesetzt
werden.
§ 11
Mit Einreichung des Antrages wird die Sache bei der Schlichtungsstelle
anhängig.
§ 12
Die Schlichtungsstelle ist an das Antragsbegehren der Beteiligten gebunden
und erforscht den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge
von Amts wegen.
§ 13
(1) Der Vorsitzende bestimmt den Termin zur mündlichen Verhandlung
und lädt die Beteiligten mit einer Frist von zwei Wochen. Die Frist
kann im Eilfalle auf eine Woche verkürzt werden. Der Termin findet
spätestens zwölf Wochen nach Antragseingang statt.
(2) In der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim unentschuldigten
Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden
werden kann.
§ 14
Der Vorsitzende hat vor der mündlichen Verhandlung die Anordnungen
zu treffen, die erforderlich sind, um das Schlichtungsverfahren möglichst
in einem Termin zu Ende zu führen.
3. Abschnitt
Mündliche Verhandlung
§ 15
(1) Vor der Schlichtungsstelle sind Rechtsanwälte oder sachkundige
Beistände nur zugelassen, wenn die Wahrung der Rechte der Beteiligten
dies notwendig erscheinen lassen. Über die Zulassung entscheidet
der Vorsitzende auf Antrag außerhalb der mündlichen Verhandlung.
(2) Im Verhandlungstermin kann jeder Beteiligte einen Berater für
sich hinzuziehen. Die Berater sind vom Vorsitzenden vor Verhandlungsbeginn
auf ihre Verschwiegenheit zu verpflichten.
§ 16
(1) Der Vorsitzende leitet die Verhandlung. Er oder ein von ihm beauftragtes
ständiges Mitglied der Schlichtungsstelle trägt den wesentlichen
Inhalt der Akten vor. Im Einvernehmen mit den Beteiligten kann auf den
Inhalt der Akten verwiesen werden.
(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß unklare Anträge
erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende
tatsächliche Angaben ergänzt, ferner die für die Feststellung
und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben
werden.
(3) Die Streitfrage ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht
zu erörtern.
§ 17
(1) Soweit es für die Entscheidung erforderlich ist, nimmt die
Schlichtungsstelle Augenschein, hört Zeugen, sachverständige
Dritte und Beteiligte und sieht vorgelegte Urkunden ein. Die Beteiligten
werden von allen Terminen zur Anhörung von Zeugen, sachverständigen
Dritten oder Beteiligten benachrichtigt und können an der Anhörung
teilnehmen.
(2) Die Beteiligten können die im Schlichtungsverfahren vorgelegten
Urkunden einsehen.
§ 18
Der Einigungsvorschlag gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 MAVO
wird entweder innerhalb der mündlichen Verhandlung oder schriftlich
mit einer Äußerungsfrist von zwei Wochen unterbreitet.
§ 19
Über die Verhandlung ist einschließlich der Maßnahmen
gemäß § 17 ein Protokoll aufzunehmen, das die wesentlichen
Vorgänge der Verhandlungen enthält.
4. Abschnitt
Entscheidung
§ 20
Die Schlichtungsstelle entscheidet gemäß § 42 Abs.
1 Sätze 1, 2, 3 und 4 MAVO über die von den Beteiligten gestellten
Anträge. Sie darf einem Beteiligten nicht etwas zusprechen, was
nicht beantragt ist.
§ 21
(1) Die Entscheidungsformel soll den Beteiligten nach mündlicher
Verhandlung unmittelbar eröffnet werden.
(2) Ist die sofortige Verkündigung nicht möglich, ist die
Entscheidungsformel von allen Mitgliedern, die an der Entscheidung mitgewirkt
haben, zu unterschreiben und innerhalb von vier Wochen nach Schluß
der mündlichen Verhandlung den Beteiligten zuzustellen.
§ 22
(1) Die Entscheidung ist schriftlich abzufassen und von dem Vorsitzenden
zu unterschreiben und soll innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der
Entscheidungsformel den Beteiligten zugestellt werden.
(2) Die Entscheidung enthält:
- Die Bezeichnung der Beteiligten,
- die Entscheidungsformel, die auch einen Ausspruch über die
Kosten enthält,
- die Gründe (Sachverhalt und Begründung).
§ 23
(1) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten
in der Entscheidung sind jederzeit vom Vorsitzenden ohne mündliche
Verhandlung zu berichtigen.
(2) Enthält der Sachverhalt der Entscheidung andere Unrichtigkeiten,
so kann binnen zwei Wochen nach der Zustellung der Entscheidung eine
Berichtigung beantragt werden.
(3) Die Schlichtungsstelle entscheidet ohne mündliche Verhandlung,
wobei nur diejenigen Mitglieder mitwirken, die an der Entscheidung beteiligt
waren. Die Berichtigung wird auf der Entscheidung und den Ausfertigungen
vermerkt.
§ 24
(1) Wird ein nach dem Sachverhalt von einem Beteiligten gestellter
Antrag oder die Kostenfolge bei der Entscheidung ganz oder zum Teil
übergangen, so ist auf Antrag die Entscheidung durch nachträgliche
Entscheidung zu ergänzen.
(2) Die Ergänzung ist binnen zwei Wochen nach der Zustellung der
Entscheidung zu beantragen.
(3) Die Entscheidung darüber, die ohne mündliche Verhandlung
erfolgen kann, hat nur den nichterledigten Teil zum Gegenstand.
§ 25
(1) Die Wiederaufnahme eines abgeschlossenen Verfahrens findet nur
statt, wenn geltend gemacht werden kann, daß
- die erkennende Schlichtungsstelle nicht vorschriftsmäßig
besetzt war,
- ein Mitglied bei der Entscheidung mitgewirkt hat, das von der Ausübung
seines Amtes nach § 5 ausgeschlossen oder abgelehnt war, sofern
nicht Gründe für diesen Ausschluß oder diese Ablehnung
schon erfolglos geltend gemacht worden waren,
- die Entscheidung auf den Inhalt einer fälschlich ausgefertigten
oder verfälschten Urkunde oder auf einem Zeugnis oder Gutachten
beruht, das falsch abgegeben worden ist,
- ein gerichtliches Urteil, auf dessen tatsächlichen Feststellungen
die Entscheidung beruht, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil
aufgehoben worden ist,
- ein Mitglied der Schlichtungsstelle sich in der Sache einer strafbaren
Verletzung seiner Amtspflicht schuldig gemacht hat.
§ 26
Für die Wiederaufnahme gelten die allgemeinen Vorschriften des
Antragsverfahrens, wobei die Bezeichnung des Wiederaufnahmegrundes und
die Angabe der Beweismittel für die Tatsachen, die den Wiederaufnahmegrund
und die Einhaltung der Antragsfrist ergeben, erforderlich sind.
§ 27
(1) Der Wiederaufnahmeantrag ist innerhalb einer Ausschlußfrist
von zwei Monaten zu erheben.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Beteiligte von dem Wiederaufnahmegrund
Kenntnis erhalten hat. Nach drei Jahren seit Zustellung der Entscheidung
ist ein Wiederaufnahmeantrag unstatthaft.
§ 28
Im Wiederaufnahmeverfahren sind die Mitglieder der Schlichtungsstelle
ausgeschlossen, deren frühere Beteiligung als Wiederaufnahmegrund
vorgebracht ist.
§ 29
(1) Die Hauptsache wird, soweit sie von dem Wiederaufnahmegrund betroffen
ist, von neuem verhandelt.
(2) Nach dem Ergebnis der Verhandlung wird die frühere Entscheidung
bestätigt oder unter anderweitiger Entscheidung aufgehoben.
5. Abschnitt
Kosten des Verfahrens
§ 30
(1) Verfahrenskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
(2) Zu den Kosten, die der am Verfahren beteiligte Dienstgeber gemäß
§ 42 Abs. 3 MAVO zu tragen hat, gehören vorbehaltlich der
Regelung in Abs. 3
- Reisekosten der Beteiligten,
- Entschädigung von Zeugen,
- Entschädigung von Sachverständigen,
- Kosten eines Rechtsanwalts oder sachkundigen Beistandes i. 5. v.
§ 15 Abs. 1.
Die Höhe dieser Kosten ergibt sich sinngemäß aus den
Bestimmungen für das Verfahren vor den staatlichen Arbeitsgerichten.
(3) Die Kosten der Vertretung der Mitarbeitervertretung gemäß
§ 15 Abs. 1 trägt nur dann der Dienstgeber, wenn der Vorsitzende
gemäß § 15 Abs. 1 die Vertretung zugelassen hat. Für
die Kosten eines Beraters gemäß § 15 Abs. 2 gilt §
17 MAVO.
§ 31
Diese Ordnung tritt mit dem Tag der Veröffentlichung im Kirchlichen
Amtsblatt der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Kraft.
Die Ordnung vom 12. Februar 1976 (KABl. 1976, S. 51ff.) tritt am gleichen
Tag außer Kraft.