RICHTLINIE 94/45/EG DES RATES vom 22. September 1994 über die Einsetzung
eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens
zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -
gestützt auf das Abkommen über die Sozialpolitik im Anhang
zu Protokoll (Nr. 14) zum Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft ist, insbesondere auf Artikel 2 Absatz 2,
auf Vorschlag der Kommission (1),
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),
gemäß dem Verfahren des Artikels 189c des Vertrags (3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
In Anbetracht des Protokolls über die Sozialpolitik im Anhang
des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft haben
das Königreich Belgien, das Königreich Dänemark, die
Bundesrepublik Deutschland, die Griechische Republik, das Königreich
Spanien, die Französische Republik, Irland, die Italienische Republik,
das Großherzogtum Luxemburg, das Königreich der Niederlande
und die Portugiesische Republik (im folgenden "die Mitgliedstaaten"
genannt) in dem Wunsch, die Sozialcharta von 1989 umzusetzen, miteinander
ein Abkommen über die Sozialpolitik geschlossen.
Gemäß Artikel 2 Absatz 2 dieses Abkommens kann der Rat im
Wege von Richtlinien Mindestvorschriften erlassen.
Gemäß Artikel 1 des genannten Abkommens haben die Gemeinschaft
und die Mitgliedstaaten das Ziel, den sozialen Dialog zu fördern.
Nach Nummer 17 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der
Arbeitnehmer müssen u.a. "Unterrichtung, Anhörung und Mitwirkung
der Arbeitnehmer in geeigneter Weise, unter Berücksichtigung der
in den verschiedenen Mitgliedstaaten herrschenden Gepflogenheiten, weiterentwickelt
werden." "Dies gilt insbesondere für Unternehmen und Unternehmensgruppen
mit Betriebsstätten bzw. Unternehmen in mehreren Mitgliedstaaten."
Trotz der breiten Übereinstimmung zwischen der Mehrzahl der Mitgliedstaaten
war der Rat nicht in der Lage, zu einer Entscheidung in bezug auf den
Vorschlag für eine Richtlinie über die Einsetzung eines Europäischen
Betriebsrats zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in
gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (4)
in der geänderten Fassung vom 3. Dezember 1991 (5) zu gelangen.
Die Kommission hat gemäß Artikel 3 Absatz 2 des Abkommens
über die Sozialpolitik die Sozialpartner auf Gemeinschaftsebene
zu der Frage angehört, wie eine Gemeinschaftsaktion im Bereich
der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen gegebenenfalls ausgerichtet
werden sollte.
Die Kommission war nach dieser Anhörung der Auffassung, daß
eine Gemeinschaftsaktion wünschenswert ist, und hat gemäß
Artikel 3 Absatz 3 des genannten Abkommens die Sozialpartner erneut
zum Inhalt des in Aussicht genommenen Vorschlags angehört. Die
Sozialpartner haben der Kommission ihre Stellungnahme übermittelt.
Nach dieser zweiten Anhörung haben die Sozialpartner der Kommission
nicht mitgeteilt, ob sie beabsichtigen, das in Artikel 4 des Abkommens
vorgesehene Verfahren einzuleiten, das zum Abschluß einer Vereinbarung
führen könnte.
Im Rahmen des Binnenmarkts findet ein Prozeß der Unternehmenszusammenschlüsse,
grenzuebergreifenden Fusionen, Übernahmen und Joint-ventures und
damit einhergehend eine länderübergreifende Strukturierung
von Unternehmen und Unternehmensgruppen statt. Wenn die wirtschaftlichen
Aktivitäten sich in harmonischer Weise entwickeln sollen, so müssen
Unternehmen und Unternehmensgruppen, die in mehreren Mitgliedstaaten
tätig sind, die Vertreter ihrer von den Unternehmensentscheidungen
betroffenen Arbeitnehmer unterrichten und anhören.
Die Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer
nach den Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten
werden häufig nicht an die länderübergreifende Struktur
der Unternehmen angepasst, welche die Arbeitnehmer berührende Entscheidungen
treffen. Dies kann zu einer Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer führen,
die von Entscheidungen ein und desselben Unternehmens bzw. ein und derselben
Unternehmensgruppe betroffen sind.
Es sind geeignete Vorkehrungen zu treffen, damit die Arbeitnehmer gemeinschaftsweit
operierender Unternehmen oder Unternehmensgruppen angemessen informiert
und konsultiert werden, wenn Entscheidungen, die sich auf sie auswirken,
ausserhalb des Mitgliedstaats getroffen werden, in dem sie beschäftigt
sind.
Um zu gewährleisten, daß die Arbeitnehmer von Unternehmen
und Unternehmensgruppen, die in mehreren Arbeitsgruppen tätig sind,
in angemessener Weise unterrichtet und angehört werden, muß
ein Europäischer Betriebsrat eingerichtet oder müssen andere
geeignete Verfahren zur länderübergreifenden Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmer geschaffen werden.
Hierzu ist eine Definition des Begriffs "herrschendes Unternehmen"
erforderlich, die sich ausschließlich auf diese Richtlinie bezieht
und nicht die Definitionen der Begriffe "Unternehmensgruppe" und "beherrschender
Einfluß" präjudiziert, die in künftigen Texten angenommen
werden könnten.
Die Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer
in derartigen Unternehmen oder Unternehmensgruppen müssen unabhängig
davon, ob sich die zentrale Leitung des Unternehmens oder, im Fall einer
Unternehmensgruppe, des herrschenden Unternehmens ausserhalb der Gemeinschaft
befindet, für alle in der Gemeinschaft angesiedelten Betriebe oder
gegebenenfalls Unternehmen von Unternehmensgruppen gelten.
Getreu dem Grundsatz der Autonomie der Sozialpartner legen die Arbeitnehmervertreter
und die Leitung des Unternehmens oder des herrschenden Unternehmens
einer Unternehmensgruppe die Art, Zusammensetzung, Befugnisse, Arbeitsweise,
Verfahren und finanzielle Ressourcen des Europäischen Betriebsrats
oder anderer Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer
einvernehmlich dergestalt fest, daß diese den jeweiligen besonderen
Umständen entsprechen.
Nach dem Grundsatz der Subsidiarität obliegt es den Mitgliedstaaten,
die Arbeitnehmervertreter zu bestimmen und insbesondere - falls sie
dies für angemessen halten - eine ausgewogene Vertretung der verschiedenen
Arbeitnehmerkategorien vorzusehen.
Für den Fall, daß die zentrale Leitung die Aufnahme von
Verhandlungen ablehnt oder bei den Verhandlungen kein Einvernehmen erzielt
wird, ist es jedoch angezeigt, bestimmte subsidiäre Vorschriften
vorzusehen, die auf Beschluß der Parteien in diesen Fällen
Anwendung finden.
Die Arbeitnehmervertreter können entweder vereinbaren, auf die
Einrichtung eines Europäischen Betriebsrats zu verzichten, oder
die Sozialpartner können andere Verfahren zur länderübergreifenden
Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer beschließen.
Unbeschadet des Rechts der Parteien, anderslautende Vereinbarungen
zu treffen, ist der Europäische Betriebsrat, der in Ermangelung
einer Vereinbarung zwischen ihnen zur Erreichung des Ziels dieser Richtlinie
eingesetzt wird, in bezug auf die Tätigkeiten des Unternehmens
oder der Unternehmensgruppe zu unterrichten und anzuhören, damit
er mögliche Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmer in
mindestens zwei Mitgliedstaaten abschätzen kann. Deshalb sollte
das Unternehmen oder das herrschende Unternehmen verpflichtet sein,
den Arbeitnehmervertretern allgemeine Informationen, die die Interessen
der Arbeitnehmer berühren, sowie Informationen, die sich konkret
auf diejenigen Aspekte der Tätigkeiten des Unternehmens oder der
Unternehmensgruppe beziehen, welche die Interessen der Arbeitnehmer
berühren, mitzuteilen. Der Europäische Betriebsrat muß
eine Stellungnahme abgeben können.
Bevor bestimmte Beschlüsse mit erheblichen Auswirkungen auf die
Interessen der Arbeitnehmer ausgeführt werden, sind die Arbeitnehmervertreter
unverzueglich zu unterrichten und anzuhören.
Es ist vorzusehen, daß die Arbeitnehmervertreter, die im Rahmen
der Richtlinie handeln, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben den gleichen
Schutz und gleichartige Sicherheiten genießen wie die Arbeitnehmervertreter
nach den Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten des Landes, in
dem sie beschäftigt sind. Sie dürfen nicht aufgrund der gesetzlichen
Ausübung ihrer Tätigkeit diskriminiert werden und müssen
angemessen gegen Entlassungen und andere Sanktionen geschützt werden.
In Unternehmen oder herrschenden Unternehmen im Fall einer Unternehmensgruppe,
deren zentrale Leitung sich ausserhalb der Gemeinschaft befindet, sind
die in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen über die Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmer von dem gegebenenfalls benannten
Vertreter des Unternehmens in der Gemeinschaft oder, in Ermangelung
eines solchen Vertreters, von dem Betrieb oder dem kontrollierten Unternehmen
mit der grössten Anzahl von Arbeitnehmern in der Gemeinschaft durchzuführen.
Es ist zweckmässig, besondere Bestimmungen für die gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen vorzusehen, in denen
zum Zeitpunkt des Beginns der Anwendung dieser Richtlinie eine für
alle Arbeitnehmer geltende Vereinbarung über eine länderübergreifende
Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer besteht.
Werden die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen nicht
eingehalten, so müssen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen
treffen -
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
TEIL I ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 1 Gegenstand
(1) Das Ziel dieser Richtlinie ist die Stärkung des Rechts auf
Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen.
(2) Es wird in allen gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und
Unternehmensgruppen auf Antrag gemäß dem Verfahren nach Artikel
5 Absatz 1 zum Zweck der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer
entsprechend den in dieser Richtlinie niedergelegten Bedingungen und
Modalitäten und mit den darin vorgesehenen Wirkungen ein Europäischer
Betriebsrat eingesetzt oder ein Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung
der Arbeitnehmer geschaffen.
(3) Abweichend von Absatz 2 wird der Europäische Betriebsrat in
den Fällen, in denen eine gemeinschaftsweit operierende Unternehmensgruppe
im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c) ein oder mehrere Unternehmen
oder Unternehmensgruppen umfasst, die gemeinschaftsweit operierende
Unternehmen oder Unternehmensgruppen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1
Buchstabe a) oder c) sind, auf der Ebene der Unternehmensgruppe eingesetzt,
es sei denn, daß in der Vereinbarung gemäß Artikel
6 etwas anderes vorgesehen wird.
(4) Ist in der Vereinbarung gemäß Artikel 6 kein grösserer
Geltungsbereich vorgesehen, so erstrecken sich die Befugnisse und Zuständigkeiten
der Europäischen Betriebsräte und die Verfahren zur Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmer, die zur Erreichung des in Absatz
1 festgelegten Ziels vorgesehen sind, im Fall eines gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmens auf alle in den Mitgliedstaaten ansässigen
Betriebe und im Fall einer gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe
auf alle in den Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen dieser Gruppe.
(5) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß diese Richtlinie
nicht für das seefahrende Personal der Handelsmarine gilt.
Artikel 2 Begriffsbestimmungen
(1) Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) "gemeinschaftsweit operierendes Unternehmen":
ein Unternehmen mit mindestens 1 000 Arbeitnehmern in den Mitgliedstaaten
und mit jeweils mindestens 150 Arbeitnehmern in mindestens zwei Mitgliedstaaten;
b) "Unternehmensgruppe": eine Gruppe, die
aus einem herrschenden Unternehmen und den von diesem abhängigen
Unternehmen besteht;
c) "gemeinschaftsweit operierende Unternehmensgruppe":
eine Unternehmensgruppe, die folgende Voraussetzungen erfüllt:
- sie hat mindestens
1 000 Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten,
- sie umfasst mindestens
zwei der Unternehmensgruppe angehörende Unternehmen in verschiedenen
Mitgliedstaaten, und
- mindestens ein der
Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen hat mindestens
150 Arbeitnehmer in einem Mitgliedstaat, und ein weiteres der Unternehmensgruppe
angehörendes Unternehmen hat mindestens 150 Arbeitnehmer in
einem anderen Mitgliedstaat;
d) "Arbeitnehmervertreter": die nach den Rechtsvorschriften
und/oder den Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten vorgesehenen Vertreter
der Arbeitnehmer;
e) "zentrale Leitung": die zentrale Unternehmensleitung
eines gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens oder bei gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmensgruppen die zentrale Unternehmensleitung
des herrschenden Unternehmens;
f) "Anhörung": den Meinungsaustausch
und die Einrichtung eines Dialogs zwischen den Arbeitnehmervertretern
und der zentralen Leitung oder einer anderen, angemesseneren Leitungsebene;
g) "Europäischer Betriebsrat": den Betriebsrat,
der gemäß Artikel 1 Absatz 2 oder den Bestimmungen des
Anhangs zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer eingesetzt
werden kann;
h) "besonderes Verhandlungsgremium": das gemäß
Artikel 5 Absatz 2 eingesetzte Gremium, das die Aufgabe hat, mit der
zentralen Unternehmensleitung die Einsetzung eines Europäischen
Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmer nach Artikel 1 Absatz 2 auszuhandeln.
(2) Für die Zwecke dieser Richtlinie werden die Beschäftigtenschwellen
nach der entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder
Gepflogenheiten berechneten Zahl der im Durchschnitt während der
letzten zwei Jahre beschäftigten Arbeitnehmer, einschließlich
der Teilzeitbeschäftigten, festgelegt.
Artikel 3 Definition des Begriffs "herrschendes
Unternehmen"
(1) Im Sinne dieser Richtlinie gilt als "herrschendes Unternehmen"
ein Unternehmen, das zum Beispiel aufgrund von Eigentum, finanzieller
Beteiligung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des
Unternehmens regeln, einen beherrschenden Einfluß auf ein anderes
Unternehmen ( "abhängiges Unternehmen") ausüben kann.
(2) Die Fähigkeit, einen beherrschenden Einfluß auszuüben,
gilt bis zum Beweis des Gegenteils als gegeben, wenn ein Unternehmen
in bezug auf ein anderes Unternehmen direkt oder indirekt
a) die Mehrheit des gezeichneten Kapitals dieses Unternehmens besitzt
oder
b) über die Mehrheit der mit den Anteilen am anderen Unternehmen
verbundenen Stimmrechte verfügt oder
c) mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs-
oder Aufsichtsorgans des anderen Unternehmens bestellen kann.
(3) Für die Anwendung von Absatz 2 müssen den Stimm- und
Erkennungsrechten des herrschenden Unternehmens die Rechte aller abhängigen
Unternehmen sowie aller natürlichen oder juristischen Personen,
die zwar in eigenen Namen, aber für Rechnung des herrschenden Unternehmens
oder eines anderen abhängigen Unternehmens handeln, hinzugerechnet
werden.
(4) Ungeachtet der Absätze 1 und 2 ist ein Unternehmen kein "herrschendes
Unternehmen" in bezug auf ein anderes Unternehmen, an dem es Anteile
hält, wenn es sich um eine Gesellschaft im Sinne von Artikel 3
Absatz 5 Buchstabe a) oder c) der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates
vom 21. September 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen
(6) handelt.
(5) Ein beherrschender Einfluß gilt nicht allein schon aufgrund
der Tatsache als gegeben, daß eine beauftragte Person ihre Funktionen
gemäß den in einem Mitgliedstaat für die Liquidation,
den Konkurs, die Zahlungsunfähigkeit, die Zahlungseinstellung,
den Vergleich oder ein ähnliches Verfahren geltenden Rechtsvorschriften
ausübt.
(6) Maßgebend für die Feststellung, ob ein Unternehmen ein
"herrschendes Unternehmen" ist, ist das Recht des Mitgliedstaats, dem
das Unternehmen unterliegt.
Unterliegt das Unternehmen nicht dem Recht eines Mitgliedstaats, so
ist das Recht des Mitgliedstaats maßgebend, in dem der Vertreter
des Unternehmens oder, in Ermangelung eines solchen, die zentrale Leitung
desjenigen Unternehmens innerhalb einer Unternehmensgruppe ansässig
ist, das die höchste Anzahl von Arbeitnehmern aufweist.
(7) Ergibt sich im Fall einer Normenkollision bei der Anwendung von
Absatz 2, daß zwei oder mehr Unternehmen ein und derselben Unternehmensgruppe
eines oder mehrere der in Absatz 2 festgelegten Kriterien erfüllen,
so gilt das Unternehmen, welches das unter Absatz 2 Buchstabe c) genannte
Kriterium erfüllt, als herrschendes Unternehmen, solange nicht
der Beweis erbracht ist, daß ein anderes Unternehmen einen beherrschenden
Einfluß ausüben kann.
TEIL II EINRICHTUNG DES EUROPÄISCHEN BETRIEBSRATS
ODER SCHAFFUNG EINES VERFAHRENS ZUR UNTERRICHTUNG UND ANHÖRUNG
DER ARBEITNEHMER
Artikel 4 Verantwortung für die Einrichtung
eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens
zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer
(1) Die zentrale Leitung ist dafür verantwortlich, daß die
Voraussetzungen geschaffen und die Mittel bereitgestellt werden, damit
nach Maßgabe des Artikels 1 Absatz 2 für gemeinschaftsweit
operierende Unternehmen und Unternehmensgruppen der Europäische
Betriebsrat eingesetzt oder das Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung
der Arbeitnehmer geschaffen werden kann.
(2) Ist die zentrale Leitung nicht in einem Mitgliedstaat ansässig,
so ist ihr gegebenenfalls benannter Vertreter in der Gemeinschaft für
die Maßnahmen nach Absatz 1 verantwortlich.
In Ermangelung eines solchen ist die Leitung des Betriebs oder des zur
Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmens mit der höchsten
Anzahl von Beschäftigten in einem Mitgliedstaat für die Maßnahmen
nach Absatz 1 verantwortlich.
(3) Zum Zweck dieser Richtlinie gelten der oder die Vertreter oder,
in Ermangelung dieser Vertreter, die Leitung nach Absatz 2 Unterabsatz
2 als zentrale Leitung.
Artikel 5 Besonderes Verhandlungsgremium
(1) Zur Erreichung des Ziels nach Artikel 1 Absatz 1 nimmt die zentrale
Leitung von sich aus oder auf schriftlichen Antrag von mindestens 100
Arbeitnehmern oder ihrer Vertretern aus mindestens zwei Betrieben oder
Unternehmen in mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten Verhandlungen
zur Einrichtung eines Europäischen Betriebsrats oder zur Schaffung
eines Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens auf.
(2) Zu diesem Zweck wird ein besonderes Verhandlungsgremium nach folgenden
Leitlinien eingesetzt:
a) Die Mitgliedstaaten legen das Verfahren für die Wahl oder
die Benennung der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums fest,
die in ihrem Hoheitsgebiet zu wählen oder zu benennen sind.
Die Mitgliedstaaten sehen vor, daß die Arbeitnehmer der Betriebe
und/oder Unternehmen, in denen unabhängig vom Willen der Arbeitnehmer
keine Arbeitnehmervertreter vorhanden sind, selbst Mitglieder für
das besondere Verhandlungsgremium wählen oder benennen dürfen.
Durch Absatz 2 werden die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder
Gepflogenheiten, die Schwellen für die Einrichtung eines Gremiums
zur Vertretung der Arbeitnehmer vorsehen, nicht berührt.
b) Das besondere Verhandlungsgremium setzt sich aus mindestens 3
und höchstens 17 Mitgliedern zusammen.
c) Bei dieser Wahl oder Benennung ist sicherzustellen:
- zunächst die Vertretung durch ein
Mitglied für jeden Mitgliedstaat, in dem sich ein oder mehrere
Betriebe des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens oder das
herrschende Unternehmen oder ein oder mehrere abhängige Unternehmen
der gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe befinden;
- sodann die Anzahl der zusätzlichen
Mitglieder im Verhältnis zur Zahl in den Betrieben, dem herrschenden
Unternehmen oder den abhängigen Unternehmen beschäftigten
Arbeitnehmer, wie in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats,
in dessen Hoheitsgebiet die zentrale Leitung ansässig ist,
vorgesehen.
d) Die Zusammensetzung des besonderen Verhandlungsgremiums wird der
zentralen Leitung und den örtlichen Unternehmensleitungen mitgeteilt.
(3) Aufgabe des besonderen Verhandlungsgremiums ist es, mit der zentralen
Leitung in einer schriftlichen Vereinbarung den Tätigkeitsbereich,
die Zusammensetzung, die Befugnisse und die Mandatsdauer des Europäischen
Betriebsrats oder der Europäischen Betriebsräte oder die Durchführungsmodalitäten
eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer
festzulegen.
(4) Die zentrale Leitung beruft eine Sitzung mit dem besonderen Verhandlungsgremium
ein, um eine Vereinbarung gemäß Artikel 6 zu schließen.
Sie setzt die örtlichen Unternehmensleitungen hiervon in Kenntnis.
Das besondere Verhandlungsgremium kann sich bei den Verhandlungen durch
Sachverständige seiner Wahl unterstützen lassen.
(5) Das besondere Verhandlungsgremium kann mit mindestens zwei Dritteln
der Stimmen beschließen, keine Verhandlungen gemäß
Absatz 4 zu eröffnen oder die bereits eröffneten Verhandlungen
zu beenden.
Durch einen solchen Beschluß wird das Verfahren zum Abschluß
der in Artikel 6 genannten Vereinbarung beendet. Ist ein solcher Beschluß
gefasst worden, finden die Bestimmungen des Anhangs keine Anwendung.
Ein neuer Antrag auf Einberufung des besonderen Verhandlungsgremiums
kann frühstens zwei Jahre nach dem vorgenannten Beschluß
gestellt werden, es sei denn, die betroffenen Parteien setzen eine kürzere
Frist fest.
(6) Die Kosten im Zusammenhang mit den Verhandlungen nach den Absätzen
3 und 4 werden von der zentralen Leitung getragen, damit das besondere
Verhandlungsgremium seine Aufgaben in angemessener Weise erfüllen
kann.
Die Mitgliedstaaten können unter Wahrung dieses Grundsatzes Regeln
für die Finanzierung der Arbeit des besonderen Verhandlungsgremiums
festlegen. Sie können insbesondere die Übernahme der Kosten
auf die Kosten für einen Sachverständigen begrenzen.
Artikel 6 Inhalt der Vereinbarung
(1) Die zentrale Leitung und das besondere Verhandlungsgremium müssen
im Geiste der Zusammenarbeit verhandeln, um zu einer Vereinbarung über
die Modalitäten der Durchführung der in Artikel 1 Absatz 1
vorgesehenen Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zu gelangen.
(2) Unbeschadet der Autonomie der Parteien wird in der schriftlichen
Vereinbarung nach Absatz 1 zwischen der zentralen Leitung und dem besonderen
Verhandlungsgremium folgendes festgelegt:
a) Die von der Vereinbarung betroffenen Unternehmen der gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmensgruppe oder Betriebe des gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmens;
b) die Zusammensetzung des Europäischen Betriebsrats, die Anzahl
der Mitglieder, die Sitzverteilung und die Mandatsdauer;
c) die Befugnisse und das Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren
des Europäischen Betriebsrats;
d) der Ort, die Häufigkeit und die Dauer der Sitzungen des Europäischen
Betriebsrats;
e) die für den Europäischen Betriebsrat bereitzustellenden
finanziellen und materiellen Mittel;
f) die Laufzeit der Vereinbarung und das bei ihrer Neuaushandlung
anzuwendenden Verfahren.
(3) Die zentrale Leitung und das besondere Verhandlungsgremium können
in schriftlicher Form den Beschluß fassen, daß anstelle
eines Europäischen Betriebsrats ein oder mehrere Unterrichtungs-
und Anhörungsverfahren geschaffen werden.
In der Vereinbarung ist festzulegen, unter welchen Voraussetzungen die
Arbeitnehmervertreter das Recht haben, zu einem Meinungsaustausch über
die ihnen übermittelten Informationen zusammenzutreten.
Diese Informationen erstrecken sich insbesondere auf länderübergreifende
Angelegenheiten, welche erhebliche Auswirkungen auf die Interessen der
Arbeitnehmer haben.
(4) Sofern in den Vereinbarungen im Sinne der Absätze 2 und 3
nichts anderes bestimmt ist, gelten die subsidiären Vorschriften
des Anhangs nicht für diese Vereinbarungen.
(5) Für den Abschluß der Vereinbarungen im Sinne der Absätze
2 und 3 ist die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums
erforderlich.
Artikel 7 Subsidiäre Vorschriften
(1) Um die Verwirklichung des in Artikel 1 Absatz 1 festgelegten Ziels
zu gewährleisten, werden die subsidiären Rechtsvorschriften
des Mitgliedstaats, in dem die zentrale Leitung ihren Sitz hat, angewandt,
- wenn die zentrale Leitung und das besondere Verhandlungsgremium
einen entsprechenden Beschluß fassen
- oder wenn die zentrale Leitung die Aufnahme von Verhandlungen binnen
sechs Monaten nach dem ersten Antrag nach Artikel 5 Absatz 1 verweigert
- oder wenn binnen drei Jahren nach dem entsprechenden Antrag keine
Vereinbarung gemäß Artikel 6 zustandekommt und das besondere
Verhandlungsgremium keinen Beschluß nach Artikel 5 Absatz 5
gefasst hat.
(2) Die subsidiären Vorschriften nach Absatz 1 in der durch die
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegten Fassung müssen
den im Anhang niedergelegten Bestimmungen genügen.
TEIL III SONSTIGE BESTIMMUNGEN
Artikel 8 Vertrauliche Informationen
(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, daß den Mitgliedern des besonderen
Verhandlungsgremiums und des Europäischen Betriebsrats sowie den
sie gegebenenfalls unterstützenden Sachverständigen nicht
gestattet wird, ihnen ausdrücklich als vertraulich mitgeteilte
Informationen an Dritte weiterzugeben.
Das gleiche gilt für die Arbeitnehmervertreter im Rahmen eines
Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens.
Diese Verpflichtung besteht unabhängig von ihrem Aufenthaltsort
und selbst nach Ablauf ihres Mandats weiter.
(2) Jeder Mitgliedstaat sieht vor, daß die in seinem Hoheitsgebiet
ansässige zentrale Leitung in besonderen Fällen und unter
den in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Bedingungen
und Beschränkungen Informationen nicht weiterleiten muß,
wenn diese die Arbeitsweise der betroffenen Unternehmen nach objektiven
Kriterien erheblich beeinträchtigen oder ihnen schaden könnten.
Der betreffende Mitgliedstaat kann diese Befreiung von einer vorherigen
behördlichen oder gerichtlichen Genehmigung abhängig machen.
(3) Jeder Mitgliedstaat kann besondere Bestimmungen für die zentrale
Lösung von in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmen
vorsehen, die in bezug auf Berichterstattung und Meinungsäusserung
unmittelbar und überwiegend eine bestimmte weltanschauliche Tendenz
verfolgen, falls die innerstaatlichen Rechtsvorschriften solche besonderen
Bestimmungen zum Zeitpunkt der Annahme dieser Richtlinie bereits enthalten.
Artikel 9 Arbeitsweise des Europäischen Betriebsrats
und Funktionsweise des Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung
der Arbeitnehmer
Die Zentrale Leitung und der Europäische Betriebsrat arbeiten
mit dem Willen zur Verständigung unter Beachtung ihrer jeweiligen
Rechte und gegenseitigen Verpflichtungen zusammen.
Gleiches gilt für die Zusammenarbeit zwischen der zentralen Leitung
und den Arbeitnehmervertretern im Rahmen eines Verfahrens zur Unterrichtung
und Anhörung der Arbeitnehmer.
Artikel 10 Schutz der Arbeitnehmervertreter
Die Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums, die Mitglieder
des Europäischen Betriebsrats und die Arbeitnehmervertreter, die
bei dem Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren nach Artikel 6 Absatz
3 mitwirken, genießen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben den gleichen
Schutz und gleichartige Sicherheiten wie die Arbeitnehmervertreter nach
den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten des
Landes in dem sie beschäftigt sind.
Dies gilt insbesondere für die Teilnahme an den Sitzungen des besonderen
Verhandlungsgremiums, des Europäischen Betriebsrats und an allen
anderen Sitzungen im Rahmen der Vereinbarungen nach Artikel 6 Absatz
3 sowie für die Lohn- und Gehaltsfortzahlung an die Mitglieder,
die Beschäftigte des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens
oder der gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe sind, für
die Dauer ihrer durch die Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Abwesenheit.
Artikel 11 Einhaltung der Richtlinie
(1) Jeder Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, daß die
Leitung der in seinem Hoheitsgebiet befindlichen Betriebe eines gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmens und die Leitung eines Unternehmens, das Mitglied
einer gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe ist, und ihre
Arbeitnehmervertreter oder, je nach dem betreffenden Einzelfall, deren
Arbeitnehmer den in dieser Richtlinie festgelegten Verpflichtungen nachkommen,
unabhängig davon, ob die zentrale Leitung sich in seinem Hoheitsgebiet
befindet.
(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß die Angaben zu der
in Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben a) und c) erwähnten Beschäftigtenzahl
auf Anfrage der Parteien, auf die die Richtlinie Anwendung findet, von
den Unternehmen vorgelegt werden.
(3) Für den Fall der Nichteinhaltung dieser Richtlinie sehen die
Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen vor; sie sorgen insbesondere
dafür, daß Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren vorhanden
sind, mit deren Hilfe die Erfüllung der sich aus dieser Richtlinie
ergebenden Verpflichtungen durchgesetzt werden kann.
(4) Bei der Anwendung des Artikels 8 sehen die Mitgliedstaaten Verfahren
vor, nach denen die Arbeitnehmervertreter auf dem Verwaltungs- oder
Gerichtsweg Rechtsbehelfe einlegen können, wenn die zentrale Leitung
sich auf die Vertraulichkeit der Informationen beruft oder diese - ebenfalls
nach Artikel 8 - nicht weiterleitet.
Zu diesen Verfahren können auch Verfahren gehören, die dazu
bestimmt sind, die Vertraulichkeit der betreffenden Informationen zu
wahren.
Artikel 12 Zusammenhang zwischen der Richtlinie
und anderen Bestimmungen
(1) Von dieser Richtlinie nicht berührt werden Maßnahmen,
die gemäß der Richtlinie 75/120/EWG des Rates vom 17. Februar
1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
Massenentlassungen (7) und gemäß der Richtlinie 77/187/EWG
des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer
beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (8)
getroffen werden.
(2) Die Richtlinie berührt nicht die den Arbeitnehmern nach einzelstaatlichem
Recht zustehenden Rechte auf Unterrichtung und Anhörung.
Artikel 13 Geltende Vereinbarungen
(1) Unbeschadet des Absatzes 2 gilt diese Richtlinie nicht für
gemeinschaftsweit operierende Unternehmen und Unternehmensgruppen, in
denen zu dem Zeitpunkt nach Artikel 14 Absatz 1 oder zu einem früheren
Zeitpunkt der Durchführung dieser Richtlinie in dem betreffenden
Mitgliedstaat bereits eine für alle Arbeitnehmer geltende Vereinbarung
besteht, in der eine länderübergreifende Unterrichtung und
Anhörung der Arbeitnehmer vorgesehen ist.
(2) Laufen die in Absatz 1 erwähnten Vereinbarungen aus, so können
die betreffenden Parteien gemeinsam beschließen, sie weiter anzuwenden.
Kommt es nicht zu einem solchen Beschluß, so findet diese Richtlinie
Anwendung.
Artikel 14 Schlußbestimmungen
(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften,
um dieser Richtlinie spätestens zum 22. September 1996 nachzukommen,
oder vergewissern sich spätestens zu diesem Zeitpunkt, daß
die Sozialpartner mittels Vereinbarungen die erforderlichen Bestimmungen
einführen, wobei die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, alle erforderlichen
Vorkehrungen zu treffen, damit sie jederzeit gewährleisten können,
daß die in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Ziele erreicht werden.
Sie setzen die Kommission hiervon unverzueglich in Kenntnis.
(2) Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie
in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen
Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten
regeln die Einzelheiten.
Artikel 15 Überprüfung durch die Kommission
Spätestens zum 22. September 1999 überprüft die Kommission
im Benehmen mit den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern auf europäischer
Ebene die Anwendung dieser Richtlinie und insbesondere die Zweckmässigkeit
der Schwellenwerte für die Beschäftigtenzahl, um dem Rat erforderlichenfalls
entsprechende Änderungen vorzuschlagen.
Artikel 16
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am 22. September 1994.
Im Namen des Rates
Der Präsident
N. BLÜM
(1) ABl. Nr. C 135 vom 18. 5. 1994, S. 8, und ABl. Nr. C 199 vom 21.
7. 1994, S. 10.
(2) Stellungnahme vom 1. Juni 1994 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 4. Mai 1994
(ABl. Nr. C 205 vom 25. 7. 1994), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom
18. Juli 1994 (ABl. Nr. C 244 vom 31. 8. 1994, S. 37).
(4) ABl. Nr. C 39 vom 15. 2. 1991, S. 10.
(5) ABl. Nr. C 336 vom 31. 12. 1991, S. 11.
(6) ABl. Nr. L 395 vom 30. 12. 1989, S. 1.
(7) ABl. Nr. L 48 vom 22. 2. 1975, S. 29, Richtlinie geändert
durch die Richtlinie 92/56/EWG (ABl. Nr. L 245 vom 26. 8. 1992, S. 3).
(8) ABl. Nr. L 61 vom 5. 3. 1977, S. 26.
ANHANG
SUBSIDIÄRE VORSCHRIFTEN nach Artikel 7
1. Um das Ziel nach Artikel 1 Absatz 1 zu erreichen, wird in den in
Artikel 7 Absatz 1 vorgesehenen Fällen ein Europäischer Betriebsrat
eingesetzt, für dessen Zuständigkeiten und Zusammensetzung
folgende Regeln gelten:
a) Die Zuständigkeiten des Europäischen Betriebsrats beschränken
sich auf die Unterrichtung und Anhörung über Angelegenheiten,
die das gemeinschaftsweit operierende Unternehmen oder die gemeinschaftsweit
operierende Unternehmensgruppe insgesamt oder mindestens zwei der
Betriebe oder der zur Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmen
in verschiedenen Mitgliedstaaten betreffen.
Bei Unternehmen oder Unternehmensgruppen gemäß Artikel
4 Absatz 2 beschränken sich die Zuständigkeiten des Europäischen
Betriebsrats auf die Angelegenheiten, die sämtlich zu der Unternehmensgruppe
gehörenden Betriebe oder Unternehmen in den Mitgliedstaaten oder
zumindest zwei Betriebe oder zu der Unternehmensgruppe gehörende
Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten betreffen.
b) Der Europäische Betriebsrat setzt sich aus Arbeitnehmern
des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens oder der gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmensgruppe zusammen, die von den Arbeitnehmervertretern
aus ihrer Mitte oder, in Ermangelung solcher Vertreter, von der Gesamtheit
der Arbeitnehmer gewählt oder benannt werden.
Die Mitglieder des Europäischen Betriebsrats werden entsprechend
den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten
gewählt oder benannt.
c) Der Europäische Betriebsrat besteht aus mindestens 3 und
höchstens 30 Mitgliedern.
Sofern es die Zahl seiner Mitglieder rechtfertigt, wählt er aus
seiner Mitte einen engeren Ausschuß mit höchstens 3 Mitgliedern.
Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
d) Bei der Wahl oder Benennung der Mitglieder des Europäischen
Betriebsrats ist sicherzustellen:
- zunächst die Vertretung durch ein
Mitglied für jeden Mitgliedstaat, in dem sich ein oder mehrere
Betriebe des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens oder das
herrschende Unternehmen oder ein oder mehrere abhängige Unternehmen
der gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe befinden;
- sodann die Anzahl der zusätzlichen
Mitglieder im Verhältnis zur Zahl der in diesen Betrieben,
dem herrschenden Unternehmen oder den abhängigen Unternehmen
beschäftigten Arbeitnehmer, wie in den Rechtsvorschriften des
Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die zentrale Leitung ansässig
ist, vorgesehen.
e) Die Zusammensetzung des Europäischen Betriebsrats wird der
zentralen Leitung oder einer anderen geeigneteren Leitungsebene mitgeteilt.
f) Vier Jahre nach der Einrichtung des Europäischen Betriebsrats
prüft dieser, ob die in Artikel 6 genannte Vereinbarung ausgehandelt
werden soll oder ob die entsprechend diesem Anhang erlassenen subsidiären
Vorschriften weiterhin angewendet werden sollen.
Wird der Beschluß gefasst, eine Vereinbarung gemäß
Artikel 6 auszuhandeln, so gelten die Artikel 6 und 7 entsprechend,
wobei der Begriff "besonderes Verhandlungsgremium" durch den Begriff
"Europäischer Betriebsrat" ersetzt wird.
2. Der Europäische Betriebsrat ist befugt, einmal jährlich
mit der zentralen Leitung zum Zwecke der Unterrichtung und Anhörung,
auf der Grundlage eines von der zentralen Leitung vorgelegten Berichts,
über die Entwicklung der Geschäftslage und die Perspektiven
des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens oder der gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmensgruppe zusammenzutreten. Die örtlichen
Unternehmensleitungen werden hiervon in Kenntnis gesetzt.
Diese Unterrichtung bezieht sich insbesondere auf die Struktur des Unternehmens,
seine wirtschaftliche und finanzielle Situation, die voraussichtliche
Entwicklung der Geschäfts-, Produktions- und Absatzlage sowie auf
die Beschäftigungslage und ihre voraussichtliche Entwicklung, auf
die Investitionen, auf grundlegende Änderungen der Organisation,
auf die Einführung neuer Arbeits- und Fertigungsverfahren, auf
Verlagerungen der Produktion, auf Fusionen, Verkleinerungen oder Schließungen
von Unternehmen, Betrieben oder wichtigen Teilen dieser Einheiten und
auf Massenentlassungen.
3. Treten aussergewöhnliche Umstände ein, die erhebliche
Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmer haben, insbesondere
bei Verlegung oder Schließung von Unternehmen oder Betrieben oder
bei Massenentlassungen, so hat der engere Ausschuß oder, falls
nicht vorhanden, der Europäische Betriebsrat das Recht, darüber
unterrichtet zu werden. Er hat das Recht, auf Antrag mit der zentralen
Leitung oder anderen, geeigneteren, mit Entscheidungsbefugnissen ausgestatteten
Leitungsebenen innerhalb des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens
oder der gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe zusammenzutreten,
um hinsichtlich der Maßnahmen mit erheblichen Auswirkungen auf
die Interessen der Arbeitnehmer unterrichtet und angehört zu werden.
An der Sitzung mit dem engeren Ausschuß dürfen auch die Mitglieder
des Europäischen Betriebsrats teilnehmen, die von den Betrieben
und/oder Unternehmen gewählt worden sind, welche unmittelbar von
diesen Maßnahmen betroffen sind.
Diese Sitzung zur Unterrichtung und Anhörung erfolgt unverzueglich
auf der Grundlage eines Berichts der zentralen Leitung oder einer anderen
geeigneten Leitungsebene innerhalb der gemeinschaftsweit operierenden
Unternehmensgruppe, zu dem der Europäische Betriebsrat binnen einer
angemessenen Frist seine Stellungnahme abgeben kann.
Diese Sitzung lässt die Vorrechte der zentralen Leitung unberührt.
4. Die Mitgliedstaaten können Regeln bezueglich des Vorsitzes
der Sitzungen zur Unterrichtung und Anhörung festlegen.
Vor Sitzungen mit der zentralen Leitung ist der Europäische Betriebsrat
oder der engere Ausschuß, der gegebenenfalls gemäß
Nummer 3 Absatz 2 erweitert ist, berechtigt, in Abwesenheit der betreffenden
Unternehmensleitung zu tagen.
5. Unbeschadet des Artikels 8 informieren die Mitglieder des Europäischen
Betriebsrats die Arbeitnehmervertreter der Betriebe oder der zur gemeinschaftsweit
operierenden Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmen oder, in
Ermangelung solcher Vertreter, die Belegschaft über Inhalt und
Ergebnisse der gemäß diesem Anhang durchgeführten Unterrichtung
und Anhörung.
6. Der Europäische Betriebsrat und der engere Ausschuß können
sich durch Sachverständige ihrer Wahl unterstützen lassen,
sofern dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
7. Die Verwaltungsausgaben des Europäischen Betriebsrats gehen
zu Lasten der zentralen Leitung.
Die betreffende zentrale Unternehmensleitung stattet die Mitglieder
des Europäischen Betriebsrats mit den erforderlichen finanziellen
und materiellen Mitteln aus, damit diese ihre Aufgaben in angemessener
Weise wahrnehmen können.
Insbesondere trägt die zentrale Leitung die für die Veranstaltung
der Sitzungen anfallenden Kosten einschließlich der Dolmetschkosten
sowie die Aufenthalts- und Reisekosten für die Mitglieder des Europäischen
Betriebsrats und des engeren Ausschusses, soweit nichts anderes vereinbart
wurde.
Die Mitgliedstaaten können unter Wahrung dieses Grundsatzes Regeln
für die Finanzierung der Arbeit des Europäischen Betriebsrats
festlegen. Sie können insbesondere die Übernahme der Kosten
auf die Kosten für einen Sachverständigen begrenzen.