BAG, Urteil vom 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 -
Die Klägerin war seit 1998 als Hauswirtschaftshilfe in der von
der Beklagten betriebenen Rheumaklinik beschäftigt. Zur Kosteneinsparung
beschloß die Beklagte, einige Servicebereiche der Klinik (Reinigung,
Küche ua.) zum 31. März 2001 stillzulegen und allen dort beschäftigten
Arbeitnehmern zu kündigen. Spätestens zum 1. April 2001 sollten
sämtliche Dienstleistungen in diesen Bereichen auf eine noch zu
gründende Service-GmbH übertragen werden. Diese sollte finanziell,
wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der Beklagten
eingegliedert bleiben (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) und eigene, neu eingestellte
Arbeitnehmer beschäftigen. Mit Schreiben vom 28. September 2000
kündigte die Beklagte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit
der Klägerin zum 31. März 2001. Gesellschaftszweck der inzwischen
gegründeten Service-GmbH ist allein die Erbringung von Dienstleistungen
für die Beklagte. Die Beklagte hält 51 % der Gesellschaftsanteile.
Nach dem Gesellschaftsvertrag muß der Geschäftsführer
der Service-GmbH aus der Geschäftsleitung der Beklagten stammen.
Die Beklagte stellt alle zum Betrieb erforderlichen Räume einschließlich
Inventar und unterhält diese. Die Service-GmbH erbringt ihre Leistungen
namens und auf Rechnung der Beklagten.
Mit ihrer Kündigungsschutzklage macht die Klägerin die Sozialwidrigkeit
der Kündigung geltend. Die Beklagte habe ihre Arbeitgeberstellung
nicht aufgegeben. Als Mitgesellschafterin der Service-GmbH habe sie
maßgeblichen Einfluß auf deren Geschäftsführung.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht
hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision der Beklagten blieb erfolglos.
Die Entscheidung des Unternehmers, einen Betriebsteil durch eine noch
zu gründende, finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in
sein Unternehmen voll eingegliederte Organgesellschaft mit von dieser
neu einzustellenden Arbeitnehmern weiter betreiben zu lassen, stellt
kein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne von § 1 Abs.
2 KSchG dar, den in diesem Betriebsteil bisher beschäftigten Arbeitnehmern
zu kündigen. Zwar ist die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit
einer Unternehmerentscheidung von den Arbeitsgerichten inhaltlich nicht
zu überprüfen. Die Entscheidung unterliegt jedoch einer schon
verfassungsrechtlich (Art. 12 Abs. 1 GG) gebotenen Mißbrauchskontrolle.
Der Arbeitgeber, der durch die Bildung einer unselbständigen Organgesellschaft
seinen Betrieb in mehrere Teile aufspaltet mit dem Ziel, den betroffenen
Arbeitnehmern den Kündigungsschutz zu nehmen und den nach wie vor
bestehenden Beschäftigungsbedarf mit von der Organgesellschaft
neu einzustellenden Arbeitnehmern zu decken, handelt rechtsmißbräuchlich.
BAG, Urteil vom 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 -
Vorinstanz: LAG Schleswig-Holstein Urteil 14. Juni 2001 - 5 Sa 183/01
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Hinweis: Am gleichen Tag hatte der Senat mehrere Parallelsachen zu
entscheiden, mit denen vorinstanzlich mehrere Kammern des Landesarbeitsgerichts
befaßt waren. Eine der Kammern hat in den von ihr zu entscheidenden
Sachen die Klagen abgewiesen.