Arbeitgeber gefährden Neugestaltung des Tarifrechts
im öffentlichen Dienst
Nach der Kündigung der Weihnachts- und Urlaubsgeldtarifverträge
durch die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) am Dienstag sieht
die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) die Neugestaltung
des Tarifrechts für die rund 2,1 Millionen Arbeitnehmer im öffentlichen
Dienst insgesamt in Gefahr. "Statt das Tarifergebnis auf die Beamten
zu übertragen, wollen die öffentlichen Arbeitgeber jetzt alle
Beschäftigten melken", kritisierte Kurt Martin vom ver.di-Bundesvorstand
die Entscheidung. "Ausgerechnet an dem Tag, an dem vor 50 Jahren
die Arbeiter in der DDR gegen Verschlechterungen ihrer Arbeitsbedingungen
auf die Straße gegangen sind, beschließen die politisch
Verantwortlichen in den Ländern, ihren Beschäftigten in die
Taschen zu greifen."
Die ver.di-Bundestarifkommission werde am 9. Juli zusammenkommen und
das weitere Vorgehen beraten. Als Konsequenz der Kündigung würden
zunächst alle bereits vereinbarten Termine zur Neugestaltung des
Tarifrechts ausgesetzt. Nach den Worten Martins haben die Länder
in drei Punkten gegen das Tarifergebnis vom Januar verstoßen,
das sie selbst erst im April unterschrieben haben. Erstens habe man
sich als Kompensation für die Erhöhung bei den Monatsgehältern
darauf geeinigt, das Weihnachtsgeld weiterhin auf dem Niveau von 1993
einzufrieren. Die heutige Kündigung aber ziele auf eine Absenkung
weit darüber hinaus.
Zweitens habe man eine sogenannte Prozessvereinbarung für die
Neugestaltung des Tarifrechts getroffen, die eine Vereinheitlichung
des Tarifrechts für die Beschäftigten bei allen drei öffentlichen
Arbeitgebern, also Bund, Ländern und Gemeinden vorsähe. Dort
sei auch ausdrücklich geregelt, dass sämtliche Änderungen
im Tarifsystem im Rahmen dieses Prozesses verhandelt würden und
dabei unter dem Vorbehalt einer Gesamteinigung stünden. Nachdem
die Länder bereits die Verhandlungsgemeinschaft mit Bund und Kommunen
aufgekündigt hätten, wollten sie nun für ihre Beschäftigten
Absenkungen bei den Jahreseinkommen durchsetzen, die je nach Bundesland
auch noch unterschiedlich ausfallen könnten. "Das Urlaubs-
und Weihnachtsgeld der Beschäftigten, die gute Arbeit leisten -
oftmals rund um die Uhr -, soll der Willkür der Ministerpräsidenten
unterliegen", so Martin.
Außerdem verstoße die Kürzungsabsicht gegen ein weiteres
Ziel der Prozessvereinbarung, nämlich die Abkopplung der Arbeits-
und Einkommensbedingungen der Arbeiter und Angestellten vom Beamtenrecht.
Als Grund für die geplanten Eingriffe werde immer wieder vorgetragen,
man wolle wegen der Gleichbehandlung die Streichungen bei den Beamten
auch bei den anderen Beschäftigtengruppen vollziehen. Martin sagte
weiter: "Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind
nicht dafür verantwortlich, dass durch den Bund-Länder-Kompromiss
im Steuerrecht z.B. in den letzten zwei Jahren 50 Milliarden Euro an
Körperschaftssteuer den Kapitalgesellschaften geschenkt wurden.
Jetzt sollen sie die Steuermindereinnahmen bezahlen."
Quelle: newsticker@verdi.de