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Münchner Merkur 29./30.06.2002
Deutscher Orden kann keine Gehälter zahlen
Sozialkonzern wieder vor Kollaps

von Claudia Möllers

München/Düsseldorf - Gutachten hatten noch zu Jahresbeginn prognostiziert, das der hoch verschuldete Deutsche Orden (DO) wieder Überschüsse erzielen und lanfristig seine Schulden bedienen kann. Doch nur wenige Monate später steht der angeschlagene Sozialkonzern offenbar erneut vor dem finanziellen Kollaps. Am Freitagsmorgen soll die Ordens-Zentrale in Weyarn (Kreis Miesbach) Einrichtungen in ganz Deutschland darüber informiert haben, dass die Juni-Gehälter vorerst nicht gezahlt werden können.

Rund 3000 Mitarbeiter sind in den 65 Einrichtungen des DO tätig. Schon vor eineinhalb Jahren hatte der Orden die Weihnachtsgehälter nicht zahlen können (wir berichteten). Damals waren die katholische Kirche und der Freistaat mit zweistelligen Millionen-Beträgen eingesprungen, um den Betrieb in den Einrichtungen zu gewährleisten, die Bewohner zu versorgen und die Mitarbeiter zu bezahlen. Mindestens 15 Millionen Euro flossen seither allein aus Kirchenkassen in den Konzern.

Heim-Mitarbeiter völlig verärgert
Eine kleine Meldung aus Nordrhein-Westfahlen machte auf die erneute Finanzkrise aufmerksam. Nach Mitteilung der Katholischen Nachrichten-Agentur (kna) müssen die über 300 Mitarbeiter der Behindertenhilfeeinrichtung St. Josef in Düsseldorf zunächst auf ihre Juni-Gehälter verzichten. Laut Mitarbeitervertretung wurde die Belegschaft "in letzter Sekunde durch die Zentrale des Deutschen Ordens informiert". Viele Mitarbeiter können ihren regelmäßigen Verpflichtugen nicht nachkommen oder gebuchten Urlaub nicht antreten. Besonders betroffen seien Kollegen mit schulpflichtigen Kindern.

Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigte der Direktor des Hauses, Gerhard Schroer, dass sich die Probleme um die Auszahlung der Gehälter nicht nur auf sein Heim, sondern auf alle DO-Einrichtungen beziehen und die Mitarbeiter seien völlig überrascht worden von der Nachricht, die um 10 Uhr eingetroffen sei. "Seit Wochen haben wir überhaupt nichts mehr gewusst, die Mitarbeitervertretung (MAV) ist ziemlich sauer", erklärte der Direktor. Verärgert sei die MAV auch darüber, dass eine solche Nachricht am Freitagvormittag eintreffe, wo man wegen des beginnenden Wochenendes nichts mehr in die Wege leiten könne. "Wir müssen am Montag versuchen, Gelder aufzutreiben", so Schroer. Auch der Landschaftsverband als Kostenträger habe nichts geahnt. Es hieße, die Banken hätten die Auszahlung gestoppt - doch dazu wollte sich Schroer nicht äußern.

Die Versorgung der 226 Bewohner mit geistigen und körperlichen Behinderungen ist für die nächsten zwei Wochen gesichert. So lange reichen laut Schroer die Reserven. Ein paar Wochen könne man auch den Mitarbeitern über die Runden helfen, die keine Rücklagen hätten, um etwa ihre Mieten zu zahlen. Als Ende 2000 das Weihnachtsgeld und das Dezembergehalt zunächst nicht gezahlt wurden, hätten Mitarbeiter einen Spendentopf gegründet, aus dem Kollegen mit echten Finanzproblemen bedacht worden seien.

Der Deutsche Orden war am Freitag nicht zu einer Stellungnahme bereit. Aus gut unterrichteten Kreisen hieß es, die Banken versuchten, die Deutsche Bischofskonferenz unter Druck zu setzen, damit die Kirche nochmals Geld bereit stellt.