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Ver.di Tarifinformation 2001 Zusatzversorgung 12.09.2001 / 73/01

(als Word-Datei zum Download)

Arbeitgeber verlangen eine höhere Eigenbeteiligung zur Finanzierung der Zusatzversorgung

Die Tarifverhandlungen zur Neu-/Umgestaltung der Zusatzversorgung (vgl. TS-berichtet Nr. 66/01 vom 19.08.2001 und Flugblatt Nr. 4) sind am 6./7. September 2001 in Stuttgart im Sondierungskreis fortgesetzt worden. Lediglich in einem Punkt konnte Einvernehmen festgestellt werden: Das unter den derzeitigen Bedingungen nicht mehr finanzierbare Gesamtversorgungssystem muß umgebaut werden. Über den Weg dahin bestehen aber nach wie vor unüberbrückbare Meinungsunterschiede. Die von den Tarifvertragsparteien mit der Beratung beauftragten Sachverständigen (Heubeck AG) sind gebeten worden, Berechnungen zu den finanziellen Dimensionen der unterschiedlichen Ansätze zur Lösung der anstehenden Probleme anzustellen (Der erteilte Auftrag ist als Anlage 1 beigefügt). Erste Ergebnisse sollen in einem weiteren Sondierungstermin am 26.9.2001 vorliegen. Deren Bewertung und die daraus zu ziehenden Schlußfolgerrungen werden den weiteren Fortgang der Verhandlungen entscheidend beeinflussen.

In der letzten Verhandlungsrunde hatte ver.di den Arbeitgebern die aus gewerkschaftlicher Sicht einzig machbaren Vorstellungen zur Umgestaltung des Zusatzversorgungssystems unterbreitet. Die Forderungen lassen sich in vier Punkten wie folgt zusammenfassen:

  • Das derzeitige Gesamtversorgungssystem ist durch ein neues, tarifvertraglich geregeltes, kapitalgedecktes System der betrieblichen Altersversorgung abzulösen.
  • Das neue System (Endgehaltsmodell bzw. Punktemodell) ist unter Berücksichtigung der steuerlichen Förderung (§ 3 Nr. 63 EStG) zu konzipieren. Das Niveau der zu erreichenden Versorgung ist an dem derzeitigen Niveau (unter Einschluss einer nach § 10a EStG geförderten Altersvorsorge) auszurichten. Insbesondere für den Bereich der neuen Bundesländer sind Mindestbetragsregelungen vorzusehen.
  • Über Anpassungen (Dynamisierungen) ist tarifvertraglich gesondert zu entscheiden.
  • Rentenleistungen sowie erworbene Anwartschaften sind in das neue Systems zu überführen. Die hierfür aufzubringenden Mittel sind unter Einschluß der vorhandenen Vermögen der Zusatzversorgungseinrichtungen von den Arbeitgebern bereitzustellen.

- Steuerliche Gleichbehandlung notwendig -

Während kapitalgedeckte Versorgungsmodelle in der Ansparphase steuer- und sozialversicherungsfrei sind, suchen die Arbeitgeber nach einem Modell mit dem diese Befreiung für die Arbeitnehmer/innen im öffentlichen Dienst verhindert werden kann. Die vom Gesetzgeber gewollte Entlastung bei der Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung soll wegen der Einnahmeverluste bei den Steuern und Sozialabgaben nicht gelten.

- Sicherung der Renten und Anwartschaften wichtig -

Zur Sicherung bereits erworbenen Rentenansprüche und Anwartschaften werden bis 2008 rund 2 Prozent zusätzlich benötigt. Hieran sollen sich die Arbeitnehmer/innen zur Hälfte beteiligen.

- Dynamisierung sichern -

Die Arbeitgeber fordern die Versorgungsrente nach dem "alten Recht" wegen der Finanzlücken um etwa 20 Prozent zu reduzieren. Weiter soll in den nächsten sieben Jahren die Rentenanpassung ausgesetzt werden. Zur Auffüllung dieser Versorgungslücke soll die "Riester-Rente" genutzt werden, d.h. die Arbeitnehmer/innen können dieses Loch mit steuerlich geförderten Eigenmitteln auffüllen. Wenn bei einer Finanzierung der Leistungen nach dem "alten" Gesamtversorgungsrecht noch Mittel übrig bleiben, sollen diese nach dem Willen der Arbeitgeber für eine neue kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung genutzt werden.

Die Vorstellungen der Arbeitgeber lassen sich im Kern wie folgt zusammenfassen:

  • Abkehr vom Gesamtversorgungssystem
  • Ungleichbehandlung bei der Steuer
  • Erhöhung der bisherigen Belastung um etwa 1 Prozent
  • Absenkung des Versorgungsniveaus um ca. 20 Prozent
  • keine Niveausicherung der erworbenen Renten und Anwartschaften
  • Abwälzung der künftigen Versorgungslast auf die Arbeitnehmer

Zu den unterschiedlichen Ansätze zur künftigen Finanzierung der Zusatzversorgung ist festzuhalten:

ver.di vertritt folgende Positionen:

  • Die Finanzierung der Besitzstandsrenten (einschließlich deren künftiger Erhöhungen) erfolgt ausschließlich durch die Arbeitgeber.
  • Die Finanzierung der Leistungszuwächse für künftige Versicherungsjahre wird durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziert. Dabei wird Kapitaldeckung zur Nutzung der Bestimmungen in § 3 Nr. 63 EStG angestrebt.

Die Arbeitgeber halten dagegen an folgenden Positionen fest:

  • Die künftige Finanzierung hat sowohl Umlageelemente als auch kapitalgedeckte Elemente:
  • Behandlung der erreichten Umlagesätze nach dem bisherigen Verfahren.
  • Darüber hinausgehende Belastung wird je hälftig von Arbeitnehmer und Arbeitgeber getragen.

Arbeitgeberbeiträge oberhalb von 7,7 % durch steuerfreie Zuschüsse

Arbeitnehmerbeiträge oberhalb des aktuell gezahlten Umlagesatzes (z.B. VBL 7,7 %) durch Beiträge aus versteuertem Einkommen (stufenweise Einführung).

    • Es ist zu prüfen, ob und in welcher Weise § 3 Nr. 63 EStG für die Finanzierung genutzt werden kann.

Der Systemwechsel darf weder zu Ausfällen noch zu Mehrungen bei Steuer und Sozialversicherung führen, Basis ist das derzeitige Steuer- und Sozialversicherungsrecht.

    • Freiwillige Eigenbeiträge der Arbeitnehmer werden nach dem Prinzip der individuellen Kapitaldeckung nach den Grundsätzen des § 10a EStG finanziert.

ver.di hat noch einmal klargestellt, daß die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gegenüber den übrigen 20 Millionen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen nicht schlechter gestellt werden dürfen. Gesetzgeberische Möglichkeiten, die zu einer Lösung der Finanzprobleme in der Zusatzversorgung beitragen können, dürfen nicht mit Hinweis auf Haushaltsprobleme verweigert werden. Ebenso wenig wie Steuerrückflüsse bei Lohn- und Vergütungstarifverhandlungen eine Rolle spielen, dürfen mögliche Steuermindereinnahmen bei Bund und Ländern eine machbare Regelung in der Zusatzversorgung nicht verhindern.

Die Tarifverhandlungen werden am 30. und 31. Oktober 2001 fortgesetzt und sollen nach der bisherigen Planung noch im November zum Abschluß gebracht werden. Ob dies allerdings vor dem Hintergrund der vorgelegten Arbeitgebervorstellungen gelingen wird, scheint zweifelhaft.

Über den Sondierungstermin am 26.9.2001 und unsere hierauf geplanten Reaktionen wird zeitnah informiert.

Anlage 1

zu TS-berichtet Nr. 73/01

Gemeinsamer Arbeitsauftrag

1 . Durch Einführung eines Punktemodells werden die Voraussetzungen geschaffen für die Riester-Rente (kapitalgedeckt aus steuergeförderten und sozialversicherungsbefreiten Arbeitnehmerbeiträgen).

2. Die Anwartschaften und Renten, die sich aus dem Punktemodell ergeben, werden wie bisher umlagefinanziert, erhalten aber die Rechtssicherheit eines kapitalgedeckten Systems (Als-Ob-Regelung).

3. Die Belastungen der Arbeitnehmer durch Umlagen, Steuern und Sozialabgaben sind gegenüber dem status quo in der Summe

• unverändert zu lassen (Gewerkschaften),

• leicht anzuheben (Arbeitgeber).

4. Offen ist die Frage der Dynamisierung von transferierten Renten und Anwartschaften.

5. Gerechnet werden soll sowohl eine Steuer- und Sozialversicherungsbefreiung von Umlagen oberhalb von 7,7 v.H. als auch eine teilweise bzw. vollständige Steuer- und Sozialversicherungsbefreiung.

6. Der Versicherungsmathematiker wird gebeten das Punktemodell insgesamt, für die fünf Referenzkassen (Messbetrag und Regelbeitrag) und für ausgewählte Eckpersonen (Beitrag und Rentenniveau) darzustellen.

7. Weitere offene Punkte aus der Sicht der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind zu präzisieren (Expertengruppe).