Presseartikel Auszug
aus dem OSK-Haustarifvertrag Erste kritische Anmerkungen
Schwäbische Zeitung 27.04.2001
RAVENSBURG (wil) - Vier Jahre nach Gründung der Oberschwaben Klinik
gGmbH (OSK) im Kreis Ravensburg ist für die 2413 Beschäftigten
ein Haustarifvertrag unter Dach und Fach. Gewerkschaft und Geschäftsleitung
messen ihm richtungsweisende Bedeutung weit über Ravensburg hinaus
zu. Zur OSK haben Kreis und Stadt Ravensburg sowie die Franziskanerinnen
von Reute ihre Krankenhäuser im Kreis Ravensburg zusammengeschlossen.
Der jetzt unterzeichnete Haustarifvertrag dürfte bundesweit der erste
seiner Art für Kliniken in kirchlicher oder öffentlicher Trägerschaft
sein, meinte gestern OSK-Geschäftsführer Ulrich Kerle. Den Pilotcharakter
des Vertrages bestätigte Franz Fischer von der Kreisverwaltung Oberschwaben
der neuen Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Auch im Vergleich mit dem
BAT im öffentlichen Dienst könne er hinter dem Tarifwerk stehen.
Im Gegensatz zum BAT unterscheidet der OSK-Haustarifvertrag nicht mehr
zwischen Arbeitern und Angestellten. Es gibt einheitlich 30 Urlaubstage
pro Jahr und zudem drei Tage für fachbezogene Fortbildung. Das Weihnachtsgeld,
das im BAT bei knapp 86 Prozent liegt, wird im OSK-Haustarif auf 65 Prozent
festgezurrt. Ein völlig neues Element ist eine variable Ergebnisbeteiligung,
die im Juli anstelle des Urlaubsgeldes gewährt wird. Bei positiven
Betnebsergebnissen werden 50 Prozent des Überschusses an die Beschäftigten
ausgeschüttet. Der Jahreshöchstverdienst ist aber auf 14 Monatsgehälter
festgeschrieben. Schreibt die OSK wie zuletzt rote Zahlen;so werden im
Falle einer Verbesserung der Bilanz 25 Prozent der Differenz zum Vorjahr
an die Beschäftigten verteilt. Verglichen mit dem BAT deutlich gestrafft
sind die Vergütungsstufen. Es gibt pro Gruppe nur noch sieben. Maßgebend
für die Einstufung ist die Berufserfahrung, nicht das Alter. Eine
Pflegekraft erreicht nach 15 Jahren die Höchststufe (BAT: 18). Eine
Sozialkompenente wurde mit einem Verheiratetenzuschlag von 150,- DM und
einem weiteren Zuschlag von 180,- DM pro Kind für alle eingezogen.
Der Mantelteil des Haustarifs hat eine Laufzeit bis Ende 2004, der Vergütungsteil
bis Ende 2002.
Noch nicht geregelt sind Arbeitszeitfragen.
Tarifvertrag - Nr.1 über
eine Zuwendung für Arbeitnehmer in der Oberschwaben Klinik gGmbH
Ravensburg (Weihnachtsgeld und Ergebnisbeteiligung)
vom 26.04.2001 zwischen der
Oberschwaben Klinik gGmbH, Elisabethenstr.17, 88212 Ravensburg, vertreten
durch die Geschäftsführer Herrn Ulrich Kerle und Herrn Horst
Schmidt und der
Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr e.V in
Ver.di, Kreisverwaltung Oberschwaben
§ 1 Geltungsbereich
1. Dieser Tarifvertrag findet Anwendung bei allen Krankenhäusem
oder Gesundheitseinrichtungen der Oberschwaben Klinik gGmbH.
2. Dieser Tarifvertrag gilt persönlich für alle Arbeitnehmer
und Auszubildenden der Oberschwaben Klinik gGmbH entsprechend §
1 des Manteltarifvertrages.
§ 2 Weihnachtsgeld
1. Das volle Weihnachtsgeld steht jedem Arbeitnehmer unter der Voraussetzung
zu, daß er während des gesamten maßgeblichen Kalenderjahres
bis zum Fälligkeitszeitpunkt bei der Oberschwaben Klinik gGmbH
beschäftigt war. Arbeitnehmer, die nicht während des gesamten
Kalenderjahres für die Oberschwaben Klinik gGmbH tätig waren,
bzw. deren Arbeitsverhältnisse aufgrund unbezahlten Urlaubes,
Erziehungsurlaubes nach Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes,
Ende der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle oder Ableistung von
Wehr- oder Zivildienst ruhten bzw. unterbrochen waren, erhalten für
jeden vollen Kalendermonat, in dem kein Anspruch auf sozialversicherungspflichtige
laufende Bezüge bestand, kein Weihnachtsgeld, d.h. das Weihnachtsgeld
für jeden vollen Kalendermonat um 1/12 des Jahresbetrages gekürzt.
Protokollnotiz: Die Beschäftigung zum Fälligkeitszeitpunkt
ist in jedem Fall Voraussetzung für den Anspruch auf Weihnachtsgeld.
2. Das Weihnachtsgeld beträgt 65% der vom Arbeitnehmer in den
Monaten Juni, Juli, August vor dem Fälligkeitszeitpunkt durchschnittlich
erzielten Bruttomonatsgrundvergütung (Bezugsgröße)
einschließlich Zulagen und unstetige Bezüge ohne Berücksichtigung
des Familienzuschlags und ohne eine im Juli bezahlte Ergebnisbeteiligung.
3. Das Weihnachtsgeld ist mit dem Novembergehalt auszuzahlen.
§ 3 Ergebnisbeteiligung
1. Der Arbeitnehmer erhält darüber hinaus eine Beteiligung
am Betriebsergebnis der Oberschwaben Klinik gGmbH (Ergebnisbeteiligung),die
in der Regel mit dem jeweiligen Juligehalt, erstmals also mit dem
Juli- Gehalt 2001, keinesfalls jedoch vor der Feststellung des Jahresabschlusses
durch die Gesellschafterversammlung, auszuzahlen ist.
2. Die Ergebnisbeteiligung berechnet sich nach dem jeweiligen Betriebsergebnis
eines Jahres (Berechnungsjahr) und soll den Einsatz der Arbeitnehmer
und deren Verbundenheit mit der Oberschwaben Klinik gGmbH zum Ausdruck
bringen.
Als Betriebsergebnis im Sinne dieser Vereinbarung gilt dabei der von
der Oberschwaben Klinik gGmbH erwirtschaftete ordentliche Betriebsüberschuß
/ Betriebsverlust, wie er im geprüften und von der Gesellschafterversammlung
festgestellten Jahresabschluß der Oberschwaben Klinik gGmbH
ausgewiesen ist, jedoch vor Abzug der Steuern vom Einkommen und vom
Ertrag.
Außerordentliche Erträge bleiben bei der Ermittlung des
Betriebsergebnisses außer Ansatz, desgleichen werden außerordentliche
Aufwendungen insoweit nicht berücksichtigt, als sie mit unberücksichtigten
außerordentlichen Erträgen im Zusammenhang stehen und diese
nicht übersteigen.
Klargestellt wird, daß bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses
auch die nach dieser Vereinbarung zu bezahlende Ergebnisbeteiligung
der Arbeitnehmer als Personalaufwand zu berücksichtigen ist.
3. Der Anspruch auf Zahlung der Ergebnisbeteiligung steht allen Arbeitnehmern
zu, die Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes im Berechnungsjahr
hatten und am 31. Dezember des Berechnungsiahres in einem Arbeitsverhältnis
zur Oberschwaben Klinik gGmbH gestanden haben und deren Arbeitsverhältnis
nicht aus einem vom Arbeitnehmer zu vertretenden Grund vor dem 01.04.
des folgenden Jahres beendet wird. Protokollnotiz: Das Auslaufen eines
bedingten oder befristeten Arbeitsverhältnisses stellt keinen
vom Arbeitnehmer zu vertretenden Grund dar.
4. Die Ergebnisbeteiligung berechnet sich wie folgt: a) Von einem
Betriebsüberschuß, der unter Berücksichtigung von
Ziff. 2 zu ermitteln ist, werden insgesamt 50 % an alle Arbeitnehmer,
die die persönlichen Voraussetzungen erfüllen, ausgeschüttet.
b) An einer Verbesserung eines negativen Betriebsergebnisses, das
unter Berücksichtigung von Ziff.2 zu ermitteln ist, sind die
Arbeitnehmer der Oberschwaben Klinik gGmbH mit einem Gesamtbetrag
beteiligt, der sich errechnet aus 25% der Differenz des Betriebsverlustes
des Vorjahres zum Betriebsverlust des zur Feststellung des Jahresabschlusses
anstehenden Geschäftsjahres (Berechnungsjahr). Die Ergebnisbeteiligung
berechnet sich entweder nach a) oder nach b), eine Zusammenrechnung
ist ausgeschlossen. Es gilt der jeweils höhere Betrag. Der Gesamtbetrag
wird an alle anspruchsberechtigten Arbeitnehmer entsprechend dem Verhältnis
der Jahresbruttolohnsumme des einzelnen Arbeitnehmers zur Jahresbruttolohnsumme
aller anspruchsberechtigten Arbeitnehmer verteilt. Maßgeblich
sind dabei die Jahresbruttolohnsummen des Berechnungsjahres.
5. Die Höhe der Ergebnisbeteiligung und des Weihnachtsgeldes
des einzelnen Arbeitnehmers wird auf maximal (zusammengerechnet) 200%
der Bezugsgröße (§ 2 Ziff.2) begrenzt. Die Ergebnisbeteiligung
ist gegebenenfalls entsprechend zu kürzen. Ein sich nach Ziff.4
im Einzelfall ergebender, darüber hinausgehender Betrag verfällt
und bleibt bei der Verteilung des Gesamtbetrages an die übrigen
anspruchsberechtigten Arbeitnehmer gemäß Ziff.4 außer
Betracht, d.h. er gelangt nicht zur Auszahlung ...
Erste kritische Anmerkungen
1. In dem Personalüberleitungsvertrag (den die ÖTV mitverhandelt
hatte) aus dem Jahr 1996 ist festgeschrieben, dass für alle Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, die zum Stichtag im Beschäftigungsverhältnis
mit den Franziskanerinnen von Reute standen, die AVR individualrechtlich
zeitlich unbegrenzt in der jeweils geltenden Fassung weitergelten.
In dem Manteltarifvertrag jetzt findet sich folgender Passus: "§
27 Ziff.2: Soweit mit einzelnen Arbeitnehmern zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
dieses Tarifwerkes hiervon abweichende Bedingungen einzelvertraglich
vereinbart sind, so gelten diese fort.
Protokollnotiz: Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig,
dass die in Bezugnahme des BAT, BMT-G II oder der AVR in den Arbeitsverträgen
keine einzelvertragliche Vereinbarungen im Sinne von Ziff.2 darstellt."
2. Die Rechtsfolgen aus dem EuGH Urteil vom 3. Oktober 2000 (Az.
C-303/98) zum Folgeurteil BAG v. 22.11.2000 4-AZR 612/99, dass Bereitschaftsdienste,
die in Form von persönlicher Anwesenheit geleistet werden, insgesamt
als Arbeitszeit und ggf. als Überstunden im Sinne der Richtlinie
93/104 anzusehen sind, werden ausgeklammert.