AK-Magazin Nr. 13 - März/April 2000
AVR-Kommentar:
Altersteilzeit für
Frauen verbessert - Ein Kommentar zu den Beschlüssen vom
Oktober 1999 zur Altersteilzeit mit
Anwendungshinweisen
von Wilderich von Fürstenberg
Weitere Themen:
Gleichbehandlungsgrundsatz: Keine Kürzung übertariflicher
Bezahlung
Bündnisse für Arbeit nach der Härtefallklausel
Beurlaubung zur Sicherung der Zusatzversorgungsrente
jetzt ab 50 Jahre
Spekulationen über die Zukunft der Arbeitsrechtlichen
Kommission: Totgesagte leben länger
Es gibt eine Sollbruchstelle zwischen Kirche und Caritas.
Die verläuft mitten durch die Arbeitsrechtliche
Kommission des Deutschen Caritasverbandes. Und es gibt
Entwicklungen, die dazu führen könnten ,
daß die Bruchstelle sich zu einer tiefen Kluft
erweitert.
Die Neukonzeption der Zentral-KODA als
überdiözesanes gemeinsames Beschlußgremium
für Kirche und Caritas hat die AK ihrer bisherigen
Rolle als "Zentral-KODA B" klammheimlich verlustig gehen
lassen. Sie ist auf einmal nur noch "Paria inter pares" - eine
(zwar bundesweit ausgerichtete) von mehreren (Über-)
Regional- und Bistums-KODAen. Die früher
selbstverständliche Überzeugung, die Arbeitsrechtliche
Kommission sei eine wichtige und notwendige Klammer für das
Konstrukt Deutsche Caritas, ist ebenfalls am schwächeln.
Selbst in Caritaskreisen leistet man diesem Denken
(un-/gewollt?) Vorschub. Unter dem Deckmäntelchen der
Kostendiskussion hat der Zentralrat des Deutschen Caritasverbandes
eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit
"Reformvorschlägen" für die AK befassen soll.
Das verwundert. Wer die Geschichte der AK kennt, weiß,
daß bisher Reformen stets von der Praxis getragen
waren, dort ihren Ausgangspunkt nahmen und in der Ordnung der AK
nur nachvollzogen wurden. Diesmal ist es umgekehrt. Diesmal
soll die Ordnung ""von oben" reformiert werden. Das kann
doch nur heißen, daß auf einmal Gesichtspunkte eine
Rolle spielen sollen, die mit der konkreten AK-Arbeit nur
noch wenig zu tun haben, und ganz andere Interessen
verfolgen. Z.B. Sparen. Und wenn es um's Sparen geht, das
weiß man aus den Diskussionen in der AK, denkt man
erst mal an Reduzieren von Personal. Und wo ließe sich
lustvoller sparen als dort, wo jetzt noch 28 lästige
Dienstnehmervertreter sitzen. Ein paar Änderungen, und
schon ist man lästige Leute los. Wozu ist man
schließlich Gesetzgeber?
Doch ist das der Zentralrat des Deutschen Caritasverbandes
wirklich noch? Bisher ging er davon aus - und andere
ließen ihn gewähren, bauten das Konstrukt "AK als
ständiger Ausschuß des Zentralrates" dann
netterweise in das später entstandene KODA-System ein. Doch
dieser Einbau fehlt jetzt. Und ob man den Zentralrat weiter
als quasi-kirchlichen Gesetzgeber walten lassen will, ist
nicht unbedingt klar. Da könnten plötzlich ganz andere
das Sagen haben wollen...
In Kirchenkreisen gibt es Überlegungen (zumindest
hinter vorgehaltener Hand), ob es nicht tunlich sei, die
Arbeitsrechtliche Kommission ganz abzuschaffen und in die
jeweiligen Bistums- oder Regional-KODAen zu integrieren.
Vor allem Stimmen aus dem bayerischen Raum werden des
Raunens nicht müde, zu behaupten, die Tage der AK seien
gezählt, die Heimholung ins Kirchenreich nahe. Die
Bistums- und Regional-KODAen als Ersatz für die AK?
Gerüchteweise verlautet, daß auch der nach
eigenen Angaben *beraus erfolgreiche "Deutsche Orden (OT)"
als Orden päpstlichen Rechts mit einer eigenen KODA für
seinen Bereich liebäugele, da er sich (als dem
Caritasverband München nur assoziiertes Mitglied) auch
nur bedingt an die AVR gebunden und ansonsten
schmählich verschmäht fühlt. Eine
Träger-KODA als Ersatz für die AK? Da wären
vermutlich Malteser, Kolping, Stiftung Liebenau und wie sie
alle heißen, auch gleich mit einer eigenen KODA mit von
der Partie.
Auch die Caritasseite selber weiß nicht, was sie
eigentlich will. Da gibt es Branchen, die stehen durch die
derzeitige Entwicklung auf dem Sozialmarkt ziemlich unter Druck.
Zum Beispiel die Krankenhäuser. Die haben eine
einflußreiche Lobby, die Deutsche Krankenhausgesellschaft.
Und die hat ein starkes Interesse, die Gewerkschaften zum
Ausstieg aus dem als Zwangskorsett empfundenen Gehalts- und
Tarifsystem des öffentlichen Dienstes (=BAT) zu bringen. Kann
man es katholischen Trägern verübeln, sich nach
einer Krankenhaus-KODA zu sehnen? Rein zufällig ist
ein maßgebender Vertreter der Deutschen
Krankenhausgesellschaft Mitglied der
AK-Struktur-Reform-Kommission. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei
denkt.
Gleiche Interessen hätten natürlich auch die
großen Träger der Behinderteneinrichtungen. Nicht
ohne Hintergedanken luden die Fachverbände der
Behindertenarbeit Dienstnehmerkolleginnen und -kollegen
eigens zu einer Tagung nach Mainz, um mit ihnen die Kosten-
und Ertragssituation ihrer Einrichtungen zu diskutieren.
Nicht mehr lange, und die Jugendhilfeträger
positionieren sich ebenfalls. Eine Branchen-KODA als Ersatz
für die AK?
Eines wird deutlich: Der noch bundesweit und
branchenübergreifend agierenden AK droht
Zersplitterung und Aufspaltung. Doch je kleiner der
Wirkungsbereich, desto abhängiger die
Kommissionsmitglieder der Dienstnehmer. Daß dies der Idee
des Dritten Weges schadet, ist keine Frage. Denn wo
Abhängigkeit besteht, wird sie auch ausgenützt. (Das
gilt für Abhängigkeiten von Dienstgeber- wie von
Dienstnehmerseite).
Wenn dann auch noch der Trick des Dritten Weges nicht mehr
konsensfähig sein sollte, die Verteilungskonflikte von
anderen austragen zu lassen, um dann selbst konfliktfrei deren
Ergebnis zu übernehmen, dann steht der Dritte Weg vor
seiner letzten Bewährungsprobe. Es gibt genügend
Stimmen, die ihm prophezeien, er werde sie nicht
überstehen.
Die Sprechergruppe der Dienstnehmerseite in der AK hat ihre
Kollegen von der Dienstgeberseite daher aufgefordert,
über eine gemeinsame Interessenbestimmung der AK
nachzudenken, da es nie schadet, wenn man selbst weiß,
was man will, bevor andere besserwissen, was man wollen soll.
Solche gemeinsamen AK-Positionen könnten sein:
- Die AK ist weiterhin das
gemeinsame Haus für alle Einrichtungstypen und Branchen
im Bereich der Caritas
- Unter diesem gemeinsamen Dach
sind, wenn notwendig, branchenspezifische Lösungen
möglich. Anlage 19 AVR weist den Weg dahin
- Die AK hat gleichwohl für
gleichwertige Behandlung vergleichbarer Sachverhalte zu
sorgen und durch einen nach wie vor bundesweit
gültigen Flächentarif Lohndumping und
Binnenkonkurrenz zu minimieren
- Beschlüsse kommen nur durch
originäre Entscheidungen der AK zustande, nicht durch
Schlichtung
- Branchen-, Träger- oder gar
Betriebs-KODAen sind abzulehnen.
Es gibt jedenfalls genügend Grund über die
spannende Frage zu rätseln, ob der Dritte Weg der
Caritas seine Zukunft noch vor oder bereits hinter sich
hat.
wbf
Der AVR - Kommentar
Altersteilzeit für Frauen -
verbesserte Regelungen seit April 99
Anpassung von
Verträgen
Durch den Beschluß vom 14. Oktober 1999 hat die AK die
Altersteilzeitregelungen für Frauen verbessert.
Weibliche Versicherte können nunmehr bis zur Vollendung
des 63.Lebensjahres in Altersteilzeit verbleiben, sofern
ihnen zusatzversorgungsrechtliche Nachteile
entstünden, wenn sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt
die gesetzliche Rente in Anspruch nähmen. Die Regelung
ist rückwirkend zum 1. April 1999 in Kraft getreten. Sie
ist in Heft 4 der Zeitschrift neue caritas auf Seite 22
abgedruckt. Mit der Rückwirkung hat sich die Frage
ergeben, wie die Altersteilzeitverträge zu behandeln
sind, die in der Zeit vom 1.4.1999 bis zur Veröffentlichung
der AK-Beschlüsse abgeschlossen wurden, also unter der
Geltung des alten Rechts (Altfälle).
Tarifliche
Verlängerung
Nach den Bestimmungen des Altersteilzeitgesetzes erstattet
die Bundesanstalt für Arbeit (BA) unter bestimmten
Förderungsvoraussetzungen einen erheblichen Teil der
Aufstockungsleistungen, die der Dienstgeber aufwendet, um
seinen Verpflichtungen aus Altersteilzeitverträgen
zwischen ihm und seinen Beschäftigten nachzukommen. Die
Zuschüsse werden so lange gezahlt, bis die
Beschäftigten eine gesetzliche Rente ohne Abschlag
beanspruchen können - sog. Förderungszeitraum.
Dementsprechend wurden Altersteilzeitvereinbarungen, von
wenigen Ausnahmen abgesehen, bis zum Ende des Monats
befristet, ab dem die ungekürzte gesetzliche Rente
zusteht. (Dieser Zeitpunkt wird z. B. bei der Altersrente
für Frauen ab dem Jahr 2000 in Monatsschritten auf das
Endalter 65 Jahre angehoben, betroffen sind die Jahrgänge
1940 und jünger.)
Weibliche Beschäftigte, die in der Kirchlichen
Zusatzversorgungskasse (KZVK) versichert sind, erhalten
jedoch häufig in dem Zeitraum zwischen der Vollendung des 60.
und der Vollendung des 63. Lebensjahres zu ihrer
abschlagsfreien gesetzlichen Altersrente nur eine
gekürzte Zusatzrente von der KZVK (ihre Versorgungsrente
ruht
Aus diesem Grund wird ihnen seit 1.4.1999 tariflich die
Möglichkeit eröffnet, so lange in Altersteilzeit
beschäftigt zu werden und Altersteilzeitvergütung zu
erhalten, bis ihnen neben der gesetzlichen Rente auch die
Zusatzrente ohne Abschläge zusteht. Nutzen die
Betroffenen diese Möglichkeit, muß ein zeitlich
über den Förderungszeitraum hinausgehender
Altersteilzeitvertrag abgeschlossen werden, die tarifliche
Altersteilzeit dauert folglich länger als die
gesetzliche Altersteilzeit.
Anpassung der
Verträge
Damit auch Mitarbeiterinnen mit sogenannten
Altverträgen in den Genuß der ungekürzten
Zusatzrente kommen, müssen deren Verträge auf Wunsch an
das geänderte Recht angepaßt, also
verlängert werden. Würde den betroffenen
Mitarbeiterinnen diese Option verweigert, hätte die AK
einen Beschluß gefaßt, der Rechte gewährt, die
nicht realisierbar sind, einen Beschluß, der für
einen Teil der Adressaten ins Leere geht. Diese Absicht
kann keinem Mitglied der AK unterstellt werden; sie ist auch nie
geäußert worden. Folgerichtig hat der
Geschäftsführer der AK auf Vorschlag der
Dienstnehmerseite eine Anmerkung mit folgendem Wortlaut
formuliert:
Eine
Altersteilzeitvereinbarung, die bis zum 31.12.1999
abgeschlossen worden ist und deren vereinbarter
Beendigungszeitpunkt dem Ablauf des Kalendermonats vor dem
Kalendermonat entspricht, für den die Mitarbeiterin
eine Rente wegen Alters oder, wenn sie von der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
befreit ist, eine vergleichbare Leistung einer
Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines
Versicherungsunternehmens beanspruchen kann, ist im Hinblick
auf die Neuregelung des § 9 Absatz (a) Unterabsatz
aa. auf Wunsch der Mitarbeiterin erst zu dem Zeitpunkt zu
beenden, zu dem die Mitarbeiterin das 63. Lebensjahr
vollendet, wenn die frühere Inanspruchnahme der
Leistung zum Ruhen der Versorgungsrente nach § 55
Abs. 6 Satzung der KZVK oder entsprechender Vorschriften
führen würde.
Fehlende
Veröffentlichung
Diese Anmerkung hat die AK im Oktober 1999 zwar beschlossen,
die Veröffentlichung aber aufgeschoben. Hierzu kam es,
weil einige Dienstgeber befürchteten, die von der
Anmerkung erfaßten Fälle könnten zu
Rückforderungen der Bundesanstalt für Arbeit (BA)
führen. Man einigte sich darauf, der Anmerkungsbeschluß
solle hinfällig werden, wenn nach (noch einzuholender)
Auskunft der BA die Förderung der Fälle entfalle
oder gar Rückforderungen auslöse.
Die Bundesanstalt stellt in ihrem Antwortbrief unstreitig
fest, sie finanziere die tarifliche Verlängerung der
Altersteilzeit nicht; vielmehr ende die Förderung, sobald
die Mitarbeiterinnen eine ungeminderte Rente wegen Alters
beanspruchen könnten. (Nach unserer Einschätzung
gab es Dienstgeber, die darauf hofften, die ihnen durch die
Tarifänderung entstehenden Zusatzkosten von der BA
refinanziert zu bekommen.)
In einem Zusatz ihres Antwortschreibens weist die BA darauf
hin, die individuelle Altersteilzeitvereinbarung müsse
dem Grunde nach (überhauptdie förderungsrechtlichen
Voraussetzungen erfüllen. Über die Bedeutung dieser
Aussage besteht Uneinigkeit. Während die Dienstgeber
ihre Befürchtung bestätigt sehen, es könne zu
Rückforderungen kommen, betrachten die Dienstnehmer
die Aussage als fürsorglichen Hinweis, der in
Anbetracht der komplizierten Rechtslage und aufgrund
einschlägiger Erfahrungen der Arbeitsverwaltung
gegeben wurde. Dies mag an einem Beispiel erläutert
werden.
Der Fall Desideria
Schwester Desideria Pensionata, vollbeschäftigt, geb.
im Februar 1941, fühlt sich durch den Beruf stark
belastet. Sie hat mit ihrem Dienstgeber im April 1999
Altersteilzeit im Blockmodell vereinbart. Die Arbeitsphase
hat am 1. Mai 1999 begonnen und soll am 31. Oktober 2000
enden. Hieran soll sich die Freistellungsphase bis zum 30.
April 2002 anschließen. (Grund: Ab 1. Mai 2002 kann D.
eine abschlagsfreie Altersrente von der BfA beanspruchen,
siehe Tabelle Altersrente für Frauen in den
einschlägigem Veröffentlichungen.)
Ursprünglich hatte D. sich überlegt, zusammen mit
ihrem Mann (Jahrgang 39) im Jahr 2004 in den Ruhestand zu
gehen, sich aber wegen der gesetzlichen Bestimmungen damit
einverstanden erklärt, vorzeitig auszuscheiden und die
Zusatzrentenkürzung in Kauf zu nehmen. Im Mai
2000 erscheint Desiderata bei ihrem Dienstgeber und
äußert unter Berufung auf die Beschlüsse
der AK vom Oktober 1999 den Wunsch, bis Februar 2004
Altersteilzeit zu leisten und die Arbeitsphase bis zum 30.
September 2001 zu verlängern.
F ö r d e r u n g s z e i t
/ 5/99 Arbeitsphase Freistellungsphase
4/02
Der Dienstgeber hat sich bei Arbeitsamt erkundigt und
erklärt folgendes: Er erhalte für die Zeit von
Mai 99 bis April 02 (36 Monate) Aufstockungsleistungen
erstattet. In dieser Zeit dürfe Ds Arbeitszeit
höchstens die Hälfte der Arbeitszeit einer
Vollbeschäftigten betragen, 18 Monate Vollzeit; hiervon
habe sie, Desideria, bereits 12 Monate geleistet, es
verblieben somit in der Förderungszeit nur noch knapp 6
Monate. Komme er, Dienstgeber, ihrem Wunsche nach, erfülle
die zu ändernde individuelle Vereinbarung die
Förderungsvoraussetzungen nicht mehr, weil sie,
Desideria, in der Förderungszeit mehr als 50% arbeite.
Er wolle auf das Geld vom Arbeitsamt nicht verzichten und biete
an, die zusätzliche Arbeitsphase nach dem 30.4.2002
abzuleisten.
D. überlegt kurz und kann sich mit dem Gedanken nicht
anfreunden, nach der Freistellung noch einmal in Vollzeit
zu arbeiten. Sie bevorzugt einen sanften Übergang in
die Rente und schlägt vor, in der erforderlichen
Zeitspanne als Teilzeitkraft tätig zu sein. Der
Dienstgeber ist einverstanden.
Inhalt des
Anpassungsanspruchs
Der Hinweis der BA kann nach unserer Auffassung ,
vereinfacht ausgedrückt, nur bedeuten: Wird das
Altersteilzeitgesetz eingehalten, sind keine Rückforderungen
zu erwarten. Diese Deutung schließt ein, daß
Mitarbeiterinnen von ihrem Dienstgeber nicht verlangen
können, die verlängerte Altersteilzeit
förderungsschädlich zu verteilen. Dieser Gedanke
ist in § 8 Absatz (2) der Anlage 17 AVR enthalten. Die
Vorschrift ordnet an, daß sich im Blockmodell trotz
gegenteiliger Vertragsvereinbarung Arbeits- und
Freistellungsphase förderungskonform verschieben.
Die Mitarbeiterinnen mit Altverträgen können
darauf bestehen, ihren Vertrag so angepaßt zu
bekommen, daß sie in den Genuß der ungekürzten
Zusatzrente gelangen. Dabei sind die
Förderungsbedingungen zu beachten. Hierzu gehört auch
die Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes. Im Blockmodell
führt die Einhaltung der Förderungsbedingungen dazu,
daß eine Wiederbesetzerin / ein Wiederbesetzer
beschäftigt werden muß, obgleich die
geförderte Altersteilzeiterin ihren Arbeitsplatz noch
nicht geräumt hat.
Wir empfehlen, den Inhalt der vom Geschäftsführer
der AK formulierten Anmerkung zu beachten. Es ist rechtlich
unbeachtlich, daß die Dienstgeberseite der
Veröffentlichung der Anmerkung (aus unerfindlichen
Gründen) nicht zugestimmt hat. Hinweise zu einer
Vertragsanpassung sind der Anlage 17 nicht fremd. So sieht
§ 8 Absatz (4) Verhandlungen der
Dienstvertragsparteien über eine interessengerechte
Vertragsanpassung vor, wenn der Mitarbeiter infolge
Krankheit den Anspruch auf die Rente nach Altersteilzeit nicht
zum vorgesehenen Zeitpunkt erreicht.
Ein Anspruch auf Vertragsanpassung dürfte auch dann
bestehen, wenn sich die Parteien irrtümlich auf eine
förderungsschädliche Vertragsgestaltung geeinigt
haben. Entsprechende Anpassungshinweise bedürfen zu
ihrer Wirksamkeit keiner Veröffentlichung, weil sie
keine unmittelbar regelnde und vertragsgestaltende Wirkung
entfalten. Die Hinweise sind vielmehr der Versuch, aufzuzeigen,
daß und wie Dienstgeber und Mitarbeiter die tariflich
zustehenden Rechte verwirklichen können. Ob die
Betroffenen hiervon Gebrauch machen, liegt bei ihnen selbst.
Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie sich der
Hilfe von Schlichtungsstellen oder Gerichten
bedienen.
Weitere
Anpassungsfälle
Durch das bereits zum 1. Januar 1999 in Kraft getretene
Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur
Sicherung der Arbeitnehmerrechte sind Veränderungen im
Rentenrecht vorgenommen worden. So wurden beispielsweise die
Daten zeitlich vorgezogen, zu denen Schwerbehinderte in die
ungeminderte Altersrente gehen können. Hierdurch
verlagert sich auch das Ende der Altersteilzeit nach vorn, der
ursprünglich vereinbarte Endtermin wird
hinfällig. Dabei kann es dazu kommen, daß die
Förderungsvoraussetzungen der Altersteilzeit entfallen,
weil die Arbeitszeitverteilung nachträglich
schädlich wird ( durch die Verlagerung des abschlagsfreien
Rentenzeitpunktes nach vorn wird die gesetzliche
Förderungszeit verkürzt und der Altersteilzeiter
arbeitet bei nicht angepaßter
vertragsgemäßer Blockzeit im gesetzlichen
Förderungsrahmen mehr als 50%, (siehe den Fall
Desideria wenn deren Wünschen gefolgt wird). Ist die
Arbeitsphase bereits abgeschlossen, muß mit dem
Arbeitsamt verhandelt werden, um die Altersteilzeit zu
retten.
Ferner kann es vorkommen, daß durch die Vorverlagerung
des Rentenzeitpunktes die Förderungsvoraussetzungen
nicht mehr erfüllt werden können, weil die
Mindestaltersteilzeit von 2 Jahren unerreichbar wird. In
solchen Fällen wird die Initiative, die Verträge
anzupassen, wegen seines finanziellen Interesses in aller Regel
vom Dienstgeber ausgehen.
Zum 1. Januar 2000 ist die Ausweitung der Altersteilzeit auf
Teilzeitkräfte Gesetz geworden, so daß sich die
AK und wir weiterhin mit dem Dauerthema befassen werden.
Gleichbehandlungsgrundsatz: Keine Kürzung übertariflicher
Bezahlung
Bei dem gemeinsamen Bemühen, Personalkosten
einzusparen, stoßen Dienstgeber und
Mitarbeitervertretunnicht selten auf dem Personenkreis
derjenigen, die übertariflich bezahlt werden. Es handelt
sich hierbei in der Regel um Mitarbeiter/innen, die ohne
die Gewährung einer Zulage oder ohne eine
übertarifliche Eingruppierung für die Einrichtung
nicht zu gewinnen gewesen wären. Oder es betrifft
diejenigen, die die Einrichtung verlassen hätten, wenn
ihre Bezüge nicht aufgestockt worden wären; oder es
sind solche, denen Vergünstigungen ohne
Widerrufsvorbehalt zugestanden wurden, als es der
Einrichtung finanziell noch besser ging.
Was liegt näher, als diese Mitarbeiter/innen
künftig im Sinne der Gleichbehandlung aller
genauestens nach den AVR zu bezahlen, wenn es darum geht,
den Fortbestand der Einrichtung nachhaltig zu sichern, so wird
manche/r denken. Erst wenn das nicht ausreichen sollte,
sind die anderen zur Kasse zu bitten.
Das Bundesarbeitsgericht hat derartigen Überlegungen
einen Riegel vorgeschoben. Es hat festgestellt, die
Vertragsfreiheit habe Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz. Selbst Geldmangel entbinde den
Dienstgeber nicht von der Verpflichtung, geschlossene
Verträge einzuhalten. Das Gericht
wörtlich:
Dem Arbeitgeber, der mit
einzelnen Arbeitnehmern einzelvertraglich eine höhere
Vergütung vereinbart hat, als sie dem betrieblichen
Niveau entspricht, ist es verwehrt, unter Berufung auf
den Gleichbehandlungsgrundsatz diese Vergütung dem
Lohn der übrigen Arbeitnehmer anmit denen er eine solche
höhere Lohnvereinbarung nicht getroffen
hat.
(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom
1.7.1999 - 2 AZR 826/98, veröffentlicht in Zeitschrift
für Tarif 1999, Seite 567)
Das Gericht führt weiter aus, die Reduzierung vereinbarter Vergütungen
sei nur dann gerechtfertigt, wenn Verringerungen der Belegschaft oder
Betriebsschliessungen absehbar sei. Eine solche Situation setze regelmäßig
einen umfassenden Sanierungsplan voraus. Sie gebe dem Arbeitgeber aber
nicht die Möglichkeit, einzelne Arbeitnehmer herauszugreifen und
von ihnen einen überproportionalen Sanierungsbeitrag zu verlangen.
Wir empfehlen, die Ausführungen des Gerichts zu beachten. Sie gelten
nach unserer Einschätzung nicht nur bei Betriebseinschränkungen,
sondern auch bei Betriebsübergängen /Aus- und Umgliederungen,
so nach der einjährigen "Schonfrist" des §613a BGB versucht
wird, das AVR-Gehaltsgefüge nach unten zu korrigieren. Das Urteil
zeigt aber auch, dass die Forderung nach Gleichbehandlung nicht vorschnell
erhoben werden sollte.
Fü
Bündnisse für Arbeit nach der Härtefallklausel
Was hat die Arbeitsrechtliche Kommission unternommen, um die
Arbeitsplätze zu erhalten, die von Finanzierungskrisen
vor Ort bedroht sind? Getreu dem Grundsatz, daß die
Kosten der Arbeit dafür maßgebend sind, ob und in
welchemUmfang karitative Dienstgeber Mitarbeiter/innen nachfragen,
wurde in Anlage 1 Abschnitt XVII eine Öffnungsklausel
für Dienstvereinbarungen geschaffen, die
Sanierungsbeiträge der Beschäftigten
ermöglicht.
Damit hat die AK im Rahmen ihrer Zuständigkeit eine in
unserer Wirtschaftsordnung durchaus umstrittene Frage
beantwortet:
Tarifliche Regelungen wie die AVR müssen auf die
Finanzkraft einzelner Einrichtungen Rücksicht nehmen;
die AVR sind nicht dazu da, die Einrichtungen aus dem Markt
zu drängen, die ihre Kosten nicht erwirtschaften
können.
Anders als die Konkurrenten des Holzmann-Konzerns haben
karitative Arbeitgeber die tarifliche Kostenentlastung
einzelner Einrichtungen in großer Solidarität
nicht als Wettbewerbsverzerrung gegeißelt. Umso
dringender erscheint die Forderung, die Lohnverzichte, die
aufgrund von Öffnungsklauseln als Sanierungsbeitrag
vereinbart werden, nicht wegen rechtlicher Unsicherheiten
zu gefährden.
Der Abschluß betrieblicher
Härtefallvereinbarungen darf daher nicht in das
Belieben von MAV und Dienstgeber gestellt sein. Die
Vereinbarungen müssen auf Krisentatbeständen
gründen, die rechtlich überprüfbar sind. Die AK
ihrerseits hat als Härtefalltatbestände die drohende
Insolvenz, die drohende Überschuldung oder die
drohende (Teil-)Schließung festgelegt. Dies sind
allesamt rechtlich festliegende und damit
überprüfbare Kriterien.
Zu diesen Härtefallvoraussetzungen ist leider in den im
vergangenen Jahr abgeschlossenen Dienstvereinbarungen
häufig wenig oder gar nichts ausgeführt. Daher
stehen die vorgenommenen Lohnkürzungen im Zweifel
rechtlich auf wackligem Grund.
Außerdem finden die AVR (im Einklang mit der
Rechtsprechung) kraft einzelvertraglicher Absprache in
§ 2 des Dienstvertrages Anwendung. Es ist umstritten,
ob diese Inbezugnahme sich auch auf Dienstvereinbarungen
erstreckt, die in Anwendung einer Öffnungsklausel
Lohnverzicht festlegen. Auf rechtlich sicherem Boden
dürfen sich die Betriebspartner nur wähnen, wenn die
AK die Dienstvereinbarung per Beschluß im Wege einer
Rechts- und Billigkeitskontrolle abgesegnet hat.
Fazit: Öffnungsklauseln müssen AK-Beteiligung
vorsehen!
Im Falle einer erneuten Diskussion über die
Notwendigkeit einer Öffnungsklausel für den
Tarifabschluß 2000 wird die Mitarbeiterseite diese
Gesichtspunkte in die Diskussion einbringen. Die
Dienstgeberseite hat ganz zart angedeutet, daß bei
einem Tarifabschluß um die 2% die Diskussion um eine
Öffnungsklausel sogar entbehrlich sein
könnte...
Beurlaubung zur Sicherung der Zusatzversorgungsrente
jetzt ab 50 Jahre
Werden Betriebsteile ausgegliedert, so ergibt sich immer
wieder die Frage, wie der Anspruch auf Versorgungsrente
für die ausgegliederten Beschäftigten erhalten
werden kann. Eine Möglichkeit besteht darin, die
Ausscheidenden bis zum Erreichen der Altersrente zu
beurlauben. Die Altersgrenze für diesen
"Pensionsurlaub" ist ab sofort von der Vollendung des 55.
Lebensjahres auf die Vollendung des 50. Lebensjahres
herabgesetzt worden.
Quelle: Rundschreiben der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse
Nr. 3/1999.