Schreiben von Herrn Dr. Albert Hauser, Caritasverband der
Erzdiözese München und Freising, an alle Dienstgebervertreter
in der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes vom
18.06.1999
Sitzung der Arbeitsrechtlichen Kommission am 17. Juni 1999
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen der Sprecher der Dienstgeber in der Arbeitsrechtlichen
Kommission des Deutschen Caritasverbands darf ich Sie vom Ablauf der
Sitzung der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 17. Juni 1999 in Bad Honnef
und über das weitere Vorgehen unterrichten.
Nach eingehenden Vorberatungen hatten sich die Vertreter der Dienstgeber
in der Arbeitsrechtlichen Kommission auf folgende Haltung und Verhandlungslinie
für die Kommissionssitzung festgelegt:
- Keine Übernahme des BAT 1 : 1, weil dies für viele
Einrichtungen und Dienste wirtschaftlich nicht tragbar ist; die ungesicherte
Lage vieler sozialer Einrichtungen und Dienste erfordert neben grundsätzlichen
strukturellen Änderungen der AVR auch kurzfristige Entlastungen
gegenüber dem BAT-Abschluss
- Übernahme des BAT-Abschlusses nur bei gleichzeitiger Vereinbarung
konkreter Kompensationen, wie z. B.
- keine Einmalzahlung in Höhe von DM 300,-- oder
- zwar Einmalzahlung, dann aber späteres Inkrafttreten
(z.B. 1. Juli), oder
- Vereinbarung einer "Notfallklausel", nach welcher der gesamte
BAT-Abschluß 1999 oder einzelne Teile davon in wirtschaftlich
gefährdeten Einrichtungen nicht umgesetzt werden
- in jedem Fall (auch bei keiner Einigung in der AK): keine
Verschiebung der Beschlussfassung auf die Oktober-Sitzung der
AK.
Mit dieser Strategie sind die Dienstgeber in die Sitzung der AK
am 17. Juni gegangen. Die Sitzung war zunächst begleitet von einer
Demonstration zahlreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insbesondere
aus der Region, aber auch aus anderen Bundesländern, die lautstark
und auf Transparenten "ihren gerechten Lohn" forderten; ihre Arbeit
dürfe nicht schlechter bezahlt werden als im öffentlichen
Dienst.
In der Sitzung der Kommission selbst ist dann ausschließlich
der Tagesordnungspunkt "Tarifabschluss im öffentlichen Dienst 1999"
behandelt worden. Die Vertreter der Mitarbeiter haben zunächst
(erneut) den Antrag eingebracht, den BAT-Abschluss 1999 für den
öffentlichen Dienst in vollem Umfang in die AVR zu übernehmen.
Da sämtliche Dienstgeber-Vertreter dagegen gestimmt haben, ist
der Antrag abgelehnt worden.
Die Dienstgeber-Seite hat sodann den Vorschlag eingebracht, als
Sonderregelung für den Tarifabschluss 1999 einen neuen Abschnitt
XVII in die Anlage 1 der AVR aufzunehmen, der eine "Notfallklausel"
beinhaltet.
Nach intensiven, zum Teil emotional geführten Diskussionen
haben die MitarbeiterVertreter dann ihrerseits den Antrag gestellt,
den BAT-Abschluss in vollem Umfang in die AVR zu übernehmen, verknüpft
mit der Erweiterung des Abschnitts XVI der Anlage 1 zu den AVR ("Öffnungsklausel
für Notsituationen"), um einen Absatz c) cc): "die Vergütungserhöhung
1999 bis längstens zum 31. März 2000 zu verschieben."
Gegen diesen Antrag haben sämtliche Dienstgeber-Vertreter gestimmt;
sie haben diese Haltung vor allem damit begründet, dass eine solche
Regelung zu unflexibel und zu zeitaufwendig sei; angesichts der zeitlichen
Geltungsdauer bis März 2000 seien kaum Fälle denkbar, in denen
eine solche Regelung durchgeführt werden könne.
Wegen der langen Diskussionen zu diesen Fragen ist die AK daraufhin
unter erheblichen Zeitdruck geraten. Die Sprecher der Dienstgeber haben
unter diesen Umständen (zunächst) daher davon abgesehen, die
ursprünglich vorgesehenen Anträge
- BAT ohne Einmalzahlung
- BAT mit Einmalzahlung, aber mit späterem Inkrafttreten
zu stellen. Sie haben vielmehr eine größere Chance für
eine Einigung mit den Mitarbeitern noch am 17. Juni darin gesehen, den
zweiten Mitarbeiter-Antrag aufzugreifen und eine verhandlungsfähige
Alternative anzubieten. Die Dienstgeber-Sprecher haben daher folgenden
Antrag gestellt:
"Die Arbeitsrechtliche Kommission beschließt
die Übernahme des BAT-Abschlusses 1999 in die AVR im Zusammenhang
damit wird in Anlage 1 AVR folgender neuer Abschnitt XVII eingefügt:
a) Um die Arbeitsplätze der Mitarbeiter
in wirtschaftlich schwierigen Situationen zu erhalten und betriebsbedingte
Kündigungen zu vermeiden, soll der Dienstgeber zunächst bestehende
organisatorische und arbeitsrechtliche Möglichkeiten, wie den Abbau
von bestehenden Erholungsurlaubsansprüchen und Überstunden
oder die Einführung von Kurzarbeit prüfen.
b) Wird eine Einrichtung im Sinn der MAVO
trotzdem das Ziel der Kostendeckung für einen begrenzten Zeitraum
nicht erreichen, kann zum Ausgleich des Haushaltsund Wirtschaftsplans
und zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen eine Dienstvereinbarung
mit der Mitarbeitervertretung oder der Gesamt-Mitarbeitervertretung
abgeschlossen werden, in der für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis
zum 31. März 2000 folgende Regelungen getroffen werden:
c)
aa) Keine Anwendung des Abschnitts III a
der Anlage 1 zu den AVR (Einmalzahlung)
bb) Anwendung der Vergütungstabellen
und -beträge
- der Anlagen 3 bis 3 c, der Anlage 4,
des § 2 der Anlage 6 a sowie der Anlagen 7 und 10 zu den AVR,
jeweils in der Fassung ab 1. Januar 1998 bzw.
- der Anlagen 3 bis 3 c (Ost), der Anlage
4 (Ost), des § 2 der Anlage 6 a (Ost) zu den AVR sowie des
§ 2 a Absätze 10 und 13 AT AVR, jeweils in der Fassung
ab 1. September 1998
cc) Anwendung des Abschnitts XIV der Anlage
1 zu den AVR bzw. des § 2 a Absatz 3 AT AVR (Weihnachtszuwendung)
in der Fassung für das Jahr 1998
dd) Anwendung des Abschnitts XI der Anlage
1 zu den AVR in der Fassung ab 1. Januar 1998 bzw. des § 2 a
Absatz 3 AT AVR (Einsatzzuschlag) in der Fassung ab 1. September 1998.
d) Der Dienstgeber ist verpflichtet, ab 1.
April 2000 die zu diesem Zeitpunkt geltenden Vergütungstabellen
und -beträge der AVR anzuwenden. Der Dienstgeber kann die Vergütungstabellen
und -beträge auch zu einem früheren Zeitpunkt und schrittweise
anheben.
e) Während der Anwendung dieser Regelung
sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.
f) Die Anwendung dieser Regelung ist der Arbeitsrechtlichen
Kommission anzuzeigen."
Die Vertreter der Mitarbeiter in der AK haben Beratungsbedarf zu
diesem Antrag geltend gemacht. Die Dienstgeber-Vertreter haben daher
davon abgesehen, den Antrag zur Abstimmung zu stellen, um die Möglichkeit
einer sachlichen Einigung aus zeitlichen oder formalen Gründen
nicht zu gefährden. Die Sprecher der Dienstgeber haben vielmehr
beantragt, ihren Beschlussantrag in die Vorbereitungskommission zu überweisen
und in einer Sondersitzung der AK zu behandeln, die in den nächsten
vier Wochen stattfinden müsse, weil ein Zuwarten bis zur Oktober-Sitzung
ausgeschlossen sei; sinnvoll sei ein solches Prozedere allerdings nur
dann, wenn die Mitarbeiter-Vertreter erklärten, zielführend
über diesen Antrag verhandeln zu wollen.
Nachdem die Sprecher der Mitarbeiter-Vertreter eine solche Zusicherung
zu Protokoll abgegeben hatten, wurde der Antrag der Diensgeber in die
Vorbereitungskommission überwiesen und eine Sondersitzung der Arbeitsrechtlichen
Kommission für den 14. Juli, voraussichtliche in Mainz, vereinbart;
die Vorbereitungskommission trifft sich am 12. Juli in Frankfurt/Main.
Ich darf folgendes Fazit ziehen:
Die Vertreter der Dienstgeber haben in der Sitzung der AK am 17.
Juni die volle Übernahme des BAT angeboten, falls für wirtschaftlich
gefährdete Einrichtungen eine mit der jeweiligen Mitarbeitervertretung
abzuschließende Dienstvereinbarung eine bis 31. März 2000
befristete Ausnahme vorsieht. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Mitarbeiter-Vertreter
am 14. Juli verhalten; sollten sie das vorgelegte Angebot der Dienstgeber
ablehnen, können die Dienstgeber-Vertreter noch die beiden Anträge
stellen, den BAT ohne Einmalzahlung bzw. mit späterem Inkrafttreten
zu beschließen. Sollte auch dies abgelehnt werden, wird es heuer
wohl keinen Tarifbeschluss im Bereich der AVR geben.
Die einzelnen Träger werden dann in eigener Verantwortung zu
entscheiden haben, ob und in welcher Höhe sie höhere Vergütungen
und ein volles bzw. "eingefrorenes" Weihnachtsgeld bezahlen. Eine generelle
Empfehlung der Sprecher der Dienstgeber in der AK ist nicht sinnvoll.
Die Sprecher der Dienstgeber wären Ihnen sehr verbunden, wenn
Sie diesen Sachverhalt in Ihrem Bereich veröffentlichen könnten.
Im Namen aller Dienstgeber in der AK und im gemeinsamen Interesse (wie
ich persönlich meine, auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter)
wünsche ich der Sitzung der Kommission am 14. Juli Erfolg.
Für die Sprecher der Dienstgeber in der AK
Ihr
Hauser